Hort der Ideen und Wertschöpfungskette

Medizintechnologie: Schritt für Schritt entsteht in Mannheim ein effizientes Netzwerk aus Unternehmen und Experten, das bundesweit Seinesgleichen sucht

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Mit der Eröffnung des Gründungs- und Kompetenzzentrums für Medizintechnologie CUBEX41 am 11. März erreicht die Stadt Mannheim einen bedeutenden Meilenstein, der auf einem klaren strategischen Vorgehen beruht. Das Fundament für die dynamische Entwicklung legte der Beschluss aus dem Jahr 2010, die Medizintechnologie als Schwerpunkt in die wirtschaftspolitische Strategie der Stadt Mannheim aufzunehmen. "2000 neue Arbeitsplätze und 136 Millionen Euro zusätzliche Bruttowertschöpfung waren das Ziel", erläutert Dr. Elmar Bourdon, der 2011 nach 15 Jahren Praxiserfahrung in Medizintechnik-Unternehmen die Stelle als Clustermanager bei der städtischen Wirtschaftsförderung antrat.

Die Voraussetzungen waren gut: Allein im Stadtgebiet Mannheims gab es mehr als 70 Unternehmen mit deutlich über 9000 Arbeitsplätzen. "Etwa 1000 mehr als in der Medizintechnik-Stadt Tuttlingen", veranschaulicht Bourdon. 76 Prozent des geplanten Wachstums sollten laut einer Analyse aus der Bestandsentwicklung generiert werden. Das Problem: "Die kritische Masse war vorhanden, erst recht, wenn man die zahlreichen weiteren Firmen dieser Branche im Umkreis von einer Autostunde mit einbezieht", sagt der 44-Jährige. "Doch bis dato hatte der Medizintechnologie-Standort Mannheim noch zu wenig Sichtbarkeit nach außen hin und es fehlte eine einheitliche Strategie der Akteure."

Um die richtigen Weichen zu stellen, wurde bis Ende 2011 neben dem Clustermanagement ein sogenanntes Executive Board etabliert. Das Gremium, dem Vertreter der regionalen Medizintechnologie-Unternehmen und der Fraunhofer Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie (PAMB) ebenso angehören wie Repräsentanten der Stadt Mannheim und der Hochschulen in der Region, prüft und beschließt seitdem gemeinsam alle wesentlichen Schritte der Strategie.

Unternehmensgründern, kleinen und mittleren Unternehmen der Branche steht seit Oktober 2012 eine achtköpfige Expertengruppe zur Seite, ergänzt um weitere rund 20 Spezialisten (Practice Advisors) aus dem klinischen Alltag, etwa Oberärzte, aber auch aus der Forschung. Zugleich geben sie Trends und Impulse an das Clustermanagement weiter. "Mit diesem Angebot wollen wir vier kritische Wachstumshemmer in der Medizintechnik ausschalten", erklärt Dr. Elmar Bourdon. "Die systematische und zielgerichtete Zusammenführung von Unternehmen und Experten über alle Phasen, die ein medizintechnisches Produkt durchläuft, ist meiner Kenntnis nach in dieser Form bislang einmalig."

Um gerade jungen Unternehmen die Forschung und Entwicklung in unmittelbarer Nachbarschaft der Universitätsmedizin zu ermöglichen, wurde unter der Bauherrschaft des Klinikums das CUBEX41 errichtet. Vier Millionen Euro, davon 1,1 Millionen aus Fördermitteln, flossen in das Gründungs- und Kompetenzzentrum.

Auch für den nächsten Schritt in der Umsetzung der Strategie steht das Signal auf grün: Schon 2017 könnten nur zwei Gehminuten von CUBEX41 entfernt die Bauarbeiten für ein Business Development Center Medizintechnologie (BDC) beginnen - erster Baustein und Herzstück des zukünftigen Medizintechnologie-Campus (MMT-Campus). "Für diese erste Entwicklungsphase hat die Stadt im Oktober 2014 eine weitere Teilfläche von rund 10 000 Quadratmetern erworben", sagt Dr. Elmar Bourdon. Darauf soll das Zentrum mit rund 5400 Quadratmetern Gesamtfläche bis 2018/19 entstehen. Nach dem jüngsten Erfolg beim "RegioWIN"-Wettbewerb könnten etwa sieben Millionen Euro Fördermittel der EU und des Landes das Vorhaben der Stadt unterstützen, die ihrerseits rund elf Millionen Euro investiert.

Was den konzeptionellen Unterschied zu CUBEX41 ausmacht? "Im BDC wird es einen noch deutlicheren Fokus auf die Kommerzialisierung geben", sagt Bourdon, "das zeigt sich schon allein daran, dass hier nur Gründer und Unternehmen angesiedelt werden sollen, während das CUBEX41 zusätzlich auch Forschungseinheiten aufnimmt. Wichtig sei dabei ein "hochdifferenziertes Angebot", das es etwa ermögliche, wachsende Firmen am Standort zu halten und erfolgreiche Start-ups im Falle einer Akquisition vor der Absiedlung zu schützen.

In direkter Nachbarschaft sollen sich private Investoren engagieren. Das gesamte Planungsgebiet umfasst auch Erweiterungsflächen für Universitätsmedizin Mannheim und weitere Einrichtungen von Forschung und Lehre. Das Ziel: Eine Ideen- und Wertschöpfungskette, die als Achse den gesamten Campus durchzieht. "In etwa zehn Jahren", schätzt Bourdon, "wollen wir soweit sein." imp

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