Die Vielfalt des Putzens

Von 
Konrad Bülow
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Christoph Rieger entwickelt bei Freudenberg Putzzubehör.

© FHCS

Über die Putzgewohnheiten der Menschen in verschiedenen Ländern und Regionen kann Christoph Rieger einiges berichten. "Die Deutschen wringen Putztücher oft mit der Hand aus. Die Spanier tun das eher selten, weil sie nicht mit dem Schmutzwasser in Kontakt kommen wollen. Bodenwischer mit Vorrichtungen zum Auspressen sind dort sehr gefragt", erzählt er.

Weinheimer Mischkonzern Freudenberg

Die Weinheimer Mischkonzern Freudenberg Gruppe ist auf verschiedenen Geschäftsfeldern aktiv: von Dichtungen über Spezialchemie bis Reinigungsprodukte.

Ein Tochterunternehmen der Gruppe ist die Freudenberg Home and Cleaning Solutions GmbH (FHCS). Bekannteste Marke des Unternehmens ist Vileda.

Die Produkte des Unternehmens werden in mehr als 35 Ländern vertrieben.

FHCS bietet etwa Bodenreinigungssysteme, Haushaltstücher, Matten und weitere Reinigungsartikel an.

Daneben zählen Wäschepflegeprodukte wie Bügeltische und Wäschetrockner zum Sortiment.

85 Prozent des Umsatzes erzielt FHCS nach eigenen Angaben mit Produkten für Konsumenten im Einzelhandel.

Den übrigen Anteil des Umsatzes machen Reinigungssysteme für professionelle Anwender aus.

Der Umsatz belief sich im Jahr 2014 auf rund 760,2 Millionen Euro, im Vorjahr lag er noch bei etwa 710,4 Millionen Euro.

Das Freudenberg Tochterunternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit rund 2880 Mitarbeiter an verschiedenen Produktionsstandorten. kbw

Christoph Rieger ist Textiltechnologe bei Freudenberg Home and Cleaning Solutions in Weinheim. Zusammen mit einem 40-köpfigen Team entwickelt er dort Putzbedarf, der meist unter dem Markennamen Vileda vertrieben wird. Der Tagesablauf in dem zweistöckigen, hellen Gebäude auf dem Werksgelände von Freudenberg, in dem das Team Produkte entwickelt und experimentiert, sei jedes Mal ein anderer: "Manchmal bin ich den ganzen Tag im Labor. An anderen Tagen geht es um die Prototypenentwicklung, oder es wird auch mal ein Workshop veranstaltet, bei dem neue Ideen gesammelt werden." Die neuen Wischer und Putztücher werden gleich vor Ort getestet. In einem Trakt im Erdgeschoss sind verschiedene Böden - Fliesen, Parkett, Laminat - ausgelegt. Mit neuartigen Schwämmen, Besen und Tüchern wischen die Tester verschiedene Arten von Schmutz wie Hausstaub und Fett von den Böden, Oberflächen und Fenstern auf.

"An dieser Branche reizt mich vor allem die Vielfältigkeit", sagt der gebürtige Reutlinger. Viele Menschen verbänden mit Textilien vor allem Pullover, Tischdecken und Teppiche oder eben Putztücher. "Tatsächlich werden Textilien in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt - zum Beispiel auch in der Autoindustrie." Als er noch Schüler war, dachte auch Rieger bei Textilien zuerst an Kleidung. Das änderte sich, als er einen Informationstag der Hochschule Reutlingen besuchte. "Damals wurde mir klar, was für ein innovativer und abwechslungsreicher Bereich die Textiltechnologie ist", sagt er heute. Rieger schrieb sich zum Studium an der Hochschule Reutlingen ein. "Es gibt dort viele Maschinen, an denen die Studenten selbst Produkte entwickeln können. Darauf bin ich dann hängengeblieben", berichtet er mit einem Schmunzeln.

Nach dem Studium war Rieger fünf Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Textil- und Verfahrenstechnik in Denkendorf beschäftigt. "Ich habe die Forschung aber immer eher als Startmöglichkeit betrachtet. Von Anfang an wollte ich in die Industrie", erinnert sich der 32-Jährige. Als er erfuhr, dass Freudenberg einen Textiltechnologen suchte, bewarb er sich sofort - und wurde genommen. "Ich fand es spannend, Teil eines global agierenden Unternehmens zu sein", begründet er seine damalige Entscheidung.

In Weinheim fand Rieger die Vielfältigkeit, die er suchte. In seinem Team arbeitet er mit Chemikern, Physikern und Anwendungstechnikern zusammen. "Viele Ideen für neue Produkte entstehen nicht nur bei uns im Labor, sondern auch im Gespräch mit Kunden", sagt er. "Zum Teil intern, weil wir natürlich selbst unsere eigenen Kunden sind. Aber wir gehen auch in die Haushalte oder organisieren Tests mit verschiedenen Kundenkreisen, wo die Abnehmer uns sagen können, was ihnen nicht gefällt und was man besser machen könnte."

Auf diese Weise kommt Rieger viel herum. So war er kürzlich auf einer Exkursion in Polen gewesen. Eine Erkenntnis, die er von dort mitbrachte: Die Menschen dort benutzen im Haushalt oft Schwämme - vorzugsweise die raue Unterseite, anstatt des Schaums. "Bei einer beschichteten Teflon-Bratpfanne ist das nicht unbedingt das Richtige", gibt er zu bedenken.

Neben Schwämmen und Tüchern stellen Rieger und seine Kollegen auch kurzstielige Grasbesen aus Kunststofffasern her, die in Indien viele Abnehmer finden. "Auf dem mitteleuropäischen Markt kommen solche Besen selten vor. Die Putzgewohnheiten der Menschen in den verschiedenen Kulturkreisen sind sehr unterschiedlich", betont der Textiltechnologe. Deshalb sei es eine besondere Herausforderung, regional und kulturell die Gewohnheiten der Kunden zu treffen.

Was aber für alle Regionen gelte: "Elektronische Helfer werden immer beliebter." Erste Schritte in diese Richtung seien beispielsweise Staubwischroboter, wie sie das Unternehmen seit einigen Jahren herstellt.

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