Gesundheitsversorgung Was die Politiker entschieden haben, ist unverantwortlich

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Notfall in Lindenfels

Jetzt war es soweit: Nach der Schließung des Lindenfelser Krankenhauses habe ich als Vater hautnah mitbekommen, wie wir Menschen im ländlichen Bereich medizinisch versorgt werden. Vorab, dieser Lesebrief ist weder gegen den Rettungsdienst, den Notarzt oder das Personal samt Ärzten im Bensheimer Krankenhaus gerichtet. Nein, es ist eine Feststellung, wie wir Menschen von den Politikern kaputtgespart worden sind und wie mit uns im ländlichen Bereich umgegangen wird.

Am Karsamstag gegen 16.30 Uhr kugelte sich mein Sohn beim Fußballspielen auf dem Lindenfelser Sportplatz die Schulter aus. Es wurde sofort per Telefon der Notdienst angefordert. Als erstes kamen die ehrenamtlichen Helfer von First Responder, denen man für ihre Arbeit nicht genug Respekt und Dank aussprechen kann. Diese brauchten zirka zehn Minuten.

Als nächstes kam nach 15 Minuten der Rettungsdienst mit dem Rettungswagen - und nach rund 25 Minuten kam der Notarztwagen mit dem Notarzt. Bei diesen langen Zeiten macht mir alleine die Vorstellung Angst, dass man in Zukunft etwas Lebensbedrohliches haben könnte.

Mein Sohn bekam mittlerweile Schmerzmittel, und wir hofften, dass die Schulter vom Notarzt wieder eingekugelt wird. Dieser meinte aber, dass der Patient ins Krankenhaus gebracht werden sollte. Also wurde mein Sohn mit dem Krankenwagen und ausgekugelter Schulter ins 20 Kilometer entfernte Hospital nach Bensheim gebracht.

Wer die Strecke kennt, weiß welch eine Buckelpiste in der Baustelle in Elmshausen entstanden ist. Bei diesen Erschütterungen hilft auch kein Schmerzmittel mehr.

Endlich um 18 Uhr angekommen, mussten wir feststellen, dass das Personal im Bensheimer Krankenhaus komplett unterbesetzt war. Nachdem er um weitere Schmerzmittel gebeten hatte, wurde mein Sohn um 18.45 Uhr zum Röntgen gebracht, und um 19 Uhr war die Schulter wieder eingerenkt - zweieinhalb Stunden nach dem Unfall.

Mein Fazit: was die verantwortlichen Politiker mit ihrer Gesundheits- und Krankenhausreform, dem ländlichen Raum mit seinen Menschen angetan haben, ist unverantwortlich. Wir im Odenwald sind in meinen Augen Steuerzahler erster Klasse und Menschen zweiter Klasse geworden. Meine Hoffnung besteht nur darin, dass die Entscheider einmal am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man auf Hilfe angewiesen ist. Sonst wird sich nichts ändern.

Thilo Klöss

Lindenfels

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