Zum Thema - Himmelskugel / Artikel vom 15. Mai Beuys würde sich im Grabe rumdrehen

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Warum, oh Vater Rhein, oh Mutter Neckar! Denn irgendwann werden auch sie unsere Hinterlassenschaften sein: Paketband und Kabelbinder, Nabelschnüre um unsere Luxusgüter, Bindungen an unsere Große Mutter 'Supermarkt'. Es wird auch für sie Orte geben, wo sie zum Stillstand kommen, Flüsse und Geldflüsse, Hölzer der Natur, Knochen der Menschen. Mahnmale an unser wirkliches Gebundensein. Wenn sich ein Künstler bis an sein Lebensende daran abmüht, an einem Flussdelta abarbeitet, oder als Eremit einst aus der Wüste kam, die Stadt und die dort Lebenden profitierten schon immer davon. Man sonnt und brüstet sich im Glanz dessen, der von draußen kommt. Doch wenn er 'Farbe' bekennt, Vergänglichkeit zum Thema macht, und vor der Vergänglichkeit seines Werks selbst schon vergeht, wird schnell entsorgt, was nicht mehr schön, und man schon viel zu lang mit angesehen hat.

Beuys würde sich im Grab rumdrehn. Seine zwei Hirnschalen mit Fett im Kunstmuseum Bonn sind eine der größten konservatorischen Herausforderungen. Ein anderer Vertreter der 'Landart' ist Lars Vilks, der Zeichner der Mohammed-Karikaturen. Auch er arbeitete zeitgleich mit Edoga an einer riesigen Treibholzskulptur, nicht im städtischen Raum, sondern weit ab in der Natur. Aber auch dort sollte sie abgerissen werden. Beuys und Christo kauften und retteten sie. Dennoch fiel sie einer Brandstiftung zum Opfer. Vilks und Edoga kannten sich, und auch ihre Gegner.

Die Stadt sucht lieber nach Ikonen, Athleten, Topmodels, lieber baut sie ihnen Großarenen, statt einem Künstler sein kleines Labor zu erhalten. Papier draus machen: was Schönes, Nützliches, durch Technik entstandenes, womit man was anfangen kann. Es geht aber hier nicht ums Anfangen, sondern ums Enden. Es geht um die einzige Antwort auf alle Fragen, auch der Schönheit von Kunst. Es geht ums Ende. Und das lässt keine Interpretationen mehr zu. Es wäre schön und künstlerisch plausibel gewesen, diesen Prozess, und wohl eigentlichen Sinn dieses Kunstwerks, auch kuratorisch bis ans 'Ende' auszuhalten.

Aus Kunst soll kunstvolles Papier, vermutlich zum Verkauf, werden. "In einen anderen Zustand transformieren", mit Musik, "ein Event" soll es sein, was sonst. Zersägt sollen sie werden. Die Treibhölzer sind unsere Gebeine, Knochen. In Tibet erledigen das die Geier, nicht die Kulturpolitiker. Aus dem Holz Papier machen, vielleicht nicht schlecht. Aber was wird aus dem Plastik, Paketband und Kabelbinder, dem Ariadnefaden, der eigentlichen Arbeit an der Skulptur?

Dieter Arnold, Ilvesheim

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