"Gemästet wie ein Hausschwein"

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Eine echte Wildschweinplage: Leserin Rita Kleb meint, dass zu viele Jungtiere bereits Nachwuchs bekommen.

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Zum Artikel: "Wildschweine werden zur Plage" vom 2.2.:

Norbert Happ, der bekannteste Wildschweinkenner Deutschlands, selbst Jäger, ist überzeugt: Die Nachwuchsschwemme ist hausgemacht! Denn für die explosionsartige Vermehrung der Wildschweine seien die Jäger selbst verantwortlich: "Ungeordnete Sozialverhältnisse im Schwarzwildbestand mit unkoordiniertem Frischen und Rauschen und unkontrollierbarer Kindervermehrung sind ausschließlich der Jagdausübung anzulasten", so Happ. Endlich ein klares Bekenntnis! Gleiches gilt übrigens auch für die sinnlose Fuchsjagd.

Werden die Leitbachen bei der Jagd getötet, löst sich die Ordnung auf - junge Bachen sind schon unter einem Jahr empfängnisbereit und bekommen Frischlinge. "Während früher Wildschweine einmal im Jahr Nachwuchs bekamen, gibt es jetzt drei Mal im Jahr Junge", so der Biologe Kurt Eicher von der "Initiative zur Abschaffung der Jagd".

100 Kilo Mais pro Tier

Jäger sorgen bewusst für die Vermehrung der Wildschweine - und so wird so manche Kirrung eine ganz ordentliche Futterstelle. Die Wildforschungsstelle Aulendorf ermittelte, dass allein in Baden-Württemberg jährlich 4000 Tonnen Mais als "Kirrung" ausgebracht werden - das sind für ein erlegtes Wildschwein im Schnitt etwa 100 Kilo (!) Mais - in manchen Revieren sogar über 400 Kilo! Hinzu kommt die Fütterung mit Kraftfutter im Winter, die noch mal in ähnlicher Größenordnung liegen dürfte - und die vielen illegalen Fütterungen, die Naturschützer und Jagdgegner immer wieder aufdecken und zur Anzeige bringen. Der NABU-Jagdexperte Michael Hug weist darauf hin, dass Wildschweine "gemästet werden wie ein Hausschwein". Gerade die Fütterung mit Mais fördert wegen des sehr hohen Stärkeanteils (im Gegensatz zur natürlichen Nahrung) die Fruchtbarkeit der Bachen - und kurbelt damit die Vermehrung der Wildschweine an.

Nicht alles mit Flinte zu regulieren

Selbstverständlich sind die Jäger dann gerne bereit, diese (jägergemachte) Vermehrung wieder zu dezimieren. Es sollte doch endlich die Erkenntnis reifen, dass die ausufernde Wildschweinpopulation in unmittelbarem Zusammenhang mit den stetig steigenden Abschusszahlen steht: Je mehr Tiere abgeschossen werden, desto mehr werden produziert! Längst begriffen haben sollte man auch die Tatsache, dass nicht alles mit der Flinte zu "regulieren" ist. Jäger geraten immer mehr in die Kritik, sie rechtfertigen ihr blutiges Hobby mit der Behauptung, die Jagd sei notwendig, weil sonst die Wildschweine alle Felder verwüsten und die Rehe den Wald auffressen würden.

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