Politiker müssen Ursachen der Kinderarmut suchen

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Ein kleines Mädchen spielt auf einem Kinderspielplatz. "Wer die Spirale der Armut durchbrechen will, der muss in Bildung investieren", schreibt Rainer Ringelstein, Leser dieser Zeitung aus Mannheim.

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Zum Artikel "In Mannheim ist jedes fünfte Kind arm" vom 13. September:

Dass in einem der reichsten Länder der Erde 14,7 Prozent der minderjährigen Kinder und Jugendlichen arm sind, ist ohne Frage ein Skandal. Aber bevor Politiker und Vertreter der Sozialverbände reflexartig nach mehr Geld aus der Staatskasse rufen, sollten sie sich erst einmal den Ursachen der Armut zuwenden. Schließlich sind die Ausgaben für Arbeit und Soziales schon traditionell der mit Abstand größte Posten der öffentlichen Haushalte.

Es stellt sich also die Frage, ob die zur Verfügung gestellten Mittel zielführend eingesetzt werden, oder ob es nicht vielmehr angezeigt wäre, einmal mit der Schere durchs Unterholz zu gehen und den Wildwuchs der vergangenen Jahrzehnte zu beschneiden und die dabei freiwerdenden Gelder für die Bekämpfung der Kinderarmut einzusetzen.

Dazu gehört aus meiner Sicht vor allem ein größeres Angebot an Ganztagsschulen mit freier Verpflegung für bedürftige Kinder. Denn wer die Spirale der Armut durchbrechen will, der muss in Bildung investieren. Nicht unwesentlich ist aber auch die Frage, wie sich die Gruppe der von Armut betroffenen Familien zusammensetzt. Wie hoch ist der Anteil der zugewanderten Armut, zum Beispiel aus osteuropäischen EU-Ländern? Denn hier liegen wieder ganz andere Ursachen zugrunde, die auch andere Maßnahmen erfordern.

Nicht zuletzt bleibt die Frage, warum die Gruppe der Alleinerziehenden so stark betroffen ist. Wo sind die Väter dieser Kinder, warum kommen sie ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nach und wird genug dafür getan, die säumigen Zahler zur Rechenschaft zu ziehen? Ich habe das Gefühl, dass die staatlichen Institutionen hier oft den bequemen Weg gehen und aus der Staatskasse Unterstützung zahlen, anstatt die Gelder durch Lohnpfändung, Pfändung von Wertgegenständen oder Zwangsmaßnahmen einzutreiben.

Das Argument, dass die Väter oft eine neue Familie gegründet haben und man diese Familie nicht auch in die Armut treiben darf, ist zwar richtig, aber auch in diesen Fällen muss bis zur Belastungsgrenze gegangen werden. Es ist schließlich nicht die Aufgabe der Gesellschaft, die Folgen von missglückten Familiengründungsversuchen Vollkasko abzusichern.

Im Rahmen der Flüchtlingsdebatte wurde von Politikern, insbesondere der Union, gerne der Slogan "Fordern und Fördern" verwendet, er kann auch in diesem Kontext gerne zur Anwendung kommen.

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