Solidarität in Familien wichtiger

Lesedauer

Die Bewohner eines Mehrgenerationen-Hauses sitzen in einem der Zimmer ihrer Wohngemeinschaft in Eyach (Kreis Tübingen) zusammen. Leser Karsten Türke will diese Gemeinschaften stärken, statt Konflikte zu säen.

© dpa

Zum Debattenbeitrag "Gibt es einen Aufstand der Wutrentner auf Kosten der Jungen?" von Wolfgang Gründinger am 13. August:

Die Aussagen von Herrn Gründinger habe ich entwirrt und eine Reihe von Widersprüchlichkeiten entdeckt. Gründinger greift an, fordert. Der Demokratiefaktor steht im Mittelpunkt, "die Alte Säcke Politik" (per se eine Diskriminierung), die Aussagen, dass alle Ruheständler wesentlich mehr Zeit und Geld besäßen. Was die auf uns zu rollende Pensions-Lawine betrifft, stimme ich ausdrücklich zu; es ist eine tickende Zeitbombe.

Das Tragische: Politiker und Beamte verteidigen ihre Pfründe auf hohem Niveau und mit allen Methoden. Hier sind sich die Jungen und Alten immerhin einig! Dieses Beispiel zeigt, wie eine Minderheit, die Mehrheit diktiert, toll! Doch beim Rentner sieht die Welt schon anders aus. Von wegen mehr Geld - obliegt er hier einem statistischen Irrtum? Mitnichten hat diese Gruppe wesentlich mehr Geld. Allerdings, das ist wohl wahr, mehr Zeit! Die Frage sollte erlaubt sein, wenn von Mehrheiten der Alten gesprochen wird, warum dies so ist.

Seit über 30 Jahren beschäftigen sich die jungen Menschen mit allem, bloß nicht mit Kindern. Sie schließen später ihre Ausbildungen und Studien ab, sie heiraten, wenn überhaupt, später, und wenn dann noch Zeit bleibt (und Lust) denken sie an das Kinderkriegen. Zunächst sollte in der Bestandsaufnahme festgestellt werden, dass diese Jungen auf hohem Niveau jammern, aber an ihrem bequemen Leben, mit allen Freiheiten, nichts ändern wollen. Nie wurde mehr in junge Familien und Kinder investiert, als heute. Wem geben die Großeltern und Eltern - selbst wenn sie wenig zu verteilen haben - ihre Unterstützung? Ganz klar: ihren Kindern und Enkelkindern. Natürlich gibt es Gegensätze, das war nie anders zwischen den Generationen. Aber sich in einem Jammertal einzurichten, zu verkriechen und zu fordern, ist zu kurz gesprungen.

"Das riecht nach DDR-Zeiten"

Die Querschläger auf CDU und Merkel (ich bin kein Fan von Merkel) passen allerdings nicht in das Gesamtbild. Als SPD-Mitglied, das Politik und Soziologie studierte, scheint er an den Unis von linken Sozialromantikern umgeben worden zu sein. Ich empfehle, mal in seine eigene Partei hineinzuriechen: Gabriel, Nahles, Schwesig usw. sind am Umverteilen. Was kam und kommt raus: Rente mit 63, Mütterrente, finanziert aus dem "Säckel" der Rentenkassen.

Dabei bevorteilt die Rente mit 63 bloß eine geringe Anzahl der Rentner. Auf der anderen Seite finde ich die Mütterrente zielführend, aber diese hätte aus Steuergeldern finanziert werden müssen. Jetzt schlägt Schwesig gar vor, dass alleinerziehende Mütter, die von ihren Partnern keine Unterstützung erhalten, bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres der Kinder vom Staat bezahlt werden - riecht nach DDR-Zeiten! Die Väter oder Lebensgefährten werden somit von ihrer "Last" befreit und die Allgemeinheit tritt an deren Stelle.

Dass der heutige Diskurs sich überwiegend, um die angeblichen Vorteile der Älteren, oder wie Gründinger schreibt, "Alten Säcke" dreht, polarisiert zwischen Jungen und Alten in einer Form, wie es in unserem Land nie der Fall war. Die Würde der Alten, der Respekt, sind gerade in Deutschland auf der Strecke geblieben. Sicher liegt dies auch daran, dass die heutigen Generationen im Wohlstand aufwachsen, was Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre, ein Traum gewesen wäre. Ich wiederhole: Großeltern und Eltern geben, wenn sie etwas zu verteilen haben ihren Kindern und Enkelkindern. Schüttet er hier nicht das Kind mit dem Bade aus? Karl-Heinz Schmehr, Lampertheim

Aus den Informationen zur Person von Wolfgang Gründinger geht nicht hervor, ob er selbst schon eigene Kinder hat und ob er noch engeren Kontakt zu seiner Mutter hat. Ich vermute mal, dass beides nicht der Fall ist. Ansonsten würde mich seine Darstellung der "Jungen" und der "Alten" als zwei monolithische Blöcke mit entgegen gesetzten Interessen, die jeweils nur an den eigenen Vorteil denken, schon wundern.

Gott sei Dank gibt es bei uns noch eine Vielzahl von funktionierenden Familiengemeinschaften, in denen ein Erfahrungsaustausch zwischen den Generationen und eine wechselweise Unterstützung im materiellen und immateriellen Bereich selbstverständlich sind. Die Betroffenen machen natürlich auch die Erfahrung, dass ein Zusammenraufen von Kindern, Eltern und Großeltern mühsam ist und immer wieder mit der Einschränkung von persönlichen Freiheiten verbunden ist.

Wäre es aber trotzdem nicht zielführender, diese historisch bewährten Mehrgenerationengemeinschaften zu stärken als die zweifellos auch vorhandenen Konflikte zwischen Alt und Jung zu betonen? Mir ist die Solidarität innerhalb der Familie allemal lieber als ein erzwungener Interessenausgleich zwischen den Generationen durch massive staatliche Regulierungsmaßnahmen. Karsten Türke, Mannheim

Mehr zum Thema

Länder „Die Aufbau-Euphorie ist verflogen“

Veröffentlicht
Mehr erfahren