Wir profitieren massiv als Einwanderungsland

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Flüchtlinge werden in der vergangenen Woche vom italienischen Roten Kreuz aus dem Mittelmeer gerettet. Noch immer versuchen Tausende die Überfahrt nach Europa unter gefährlichsten Bedingungen zu meistern.

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Zum Thema Flüchtlinge:

Dass die "Mannheimer Morgen"-Ausgabe mit dem Thema "Ein Jahr Flüchtlingskrise" unter den Lesern kontrovers diskutiert werden würde, war zu erwarten. Auch dass sich unter den Reaktionen einige ressentimentgeladene und latent fremdenfeindliche finden würden, überrascht nicht.

Der Leserbrief von Frau Blum am 31. August allerdings ist in seiner Schlichtheit und Borniertheit kaum zu übertreffen und erfordert Widerspruch: Zunächst einmal vor allem deshalb, weil Blum von "uns Deutschen" spricht - also, mich kann sie jedenfalls nicht gemeint haben. Ihre engstirnigen und xenophoben Äußerungen geben allenfalls die Haltung einer ebensolchen Minderheit unter den Deutschen wieder, keinesfalls die "der Deutschen" allgemein, wie sie offenbar für sich in Anspruch nimmt.

Des Weiteren spricht sie davon, welche "Opfer gebracht" worden seien - nun, in der Tat haben sich viele Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert. Welches "Opfer" sie und ähnlich Denkende gebracht haben sollen, ist nicht nachvollziehbar. "Milliarden Euro" seien ausgegeben worden - liest Frau Blum als fleißige Leserbriefschreiberin denn keine Zeitung? Die Steuereinnahmen sprudeln derzeit in der BRD, der Finanzminister weiß kaum wohin mit dem Überschuss, und es wird über Steuersenkungen für "uns Deutsche" diskutiert.

"Auf einmal waren wir ein Einwanderungsland", barmt Frau Blum zum Schluss - offenbar hat sie die letzten Jahrzehnte bundesdeutscher Geschichte komplett verschlafen. Unser Land ist spätestens seit den Wirtschaftswunderjahren, als händeringend ausländische Arbeitskräfte gesucht wurden, die uns zu Wohlstand verholfen haben, genau das: ein Einwanderungsland. Unser Land hat davon massiv profitiert - und tut es noch heute. (Erdmann Lange, Mannheim)

Es wird seit jeher von "den Flüchtlingen" gesprochen. Dazu möchte ich die Meinung des von mir sehr geschätzten Journalisten Roland Tichy, welcher nicht mit den inzwischen weit verbreiteten sozialromantischen Scheuklappen durchs Leben geht, veröffentlichen (Herr Tichy war unter anderem Chefredakteur der Wirtschaftswoche): "Die intellektuell unredliche unterschiedslose Verwendung des Sammelbegriffs Flüchtlinge für alle Arten von Zuwanderern praktizieren nur die Medien in Deutschland und Österreich; in allen anderen europäischen Ländern von Spanien bis Schweden berichten die Medien von illegalen Immigranten. Wer aber Motive und Fluchtursachen begrifflich auflöst, löst jede Differenzierungsmöglichkeit, jede besondere Vorgehensweise, jede spezielle Notwendigkeit, Verpflichtung und Verantwortung in der Salzsäure des Willkürlichen auf." Dem ist nichts hinzuzufügen. (Michael Groß, Mannheim)

Die unkontrollierte Aufnahme von mehreren 100 000 Asylanten und Flüchtlingen mag humanem Denken entsprungen sein, ohne die für Deutschland und die EU beginnenden Probleme zu erkennen. Mit dem wiederholten Ausspruch "Wir schaffen das" (ohne wie) wollte Frau Merkel wohl die gesamte Bevölkerung der EU in die Pflicht nehmen. Von deutscher Seite wurde, trotz Gerangel über Zuständigkeiten (häufig war parteipolitisches Denken der Hauptgrund), Hervorragendes geleistet.

Da es bisher nicht möglich war, den Bürgerkrieg in Syrien mit all seinen negativen Folgen in den Nachbarstaaten zu beenden, ist die UNO (Vereinte Nationen) in der Pflicht. Es ist nicht Aufgabe der EU - und sie kann es auch nicht - dort aktiv einzugreifen. Da die Statuten der UNO es ihr nicht erlauben, sich in innere Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten einzugreifen, gehören die Statuten den Bedingungen der Globalisierung angepasst.

Heute entscheiden überwiegend fünf Staaten, davon Großmächte mit unterschiedlichen "politischen Regierungsformen", über das Wohl und Wehe von über 100 Nationen. Häufige Blockaden von irgend einer Seite verhindern notwendige Entscheidungen. (Georg Roos, Mannheim)

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