Wo bleibt die Bürgernähe?

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Auf der Streichliste? Das Vorort-Rathaus in Käfertal, Sitz des dortigen Bürgerservice.

© Proßwitz

Zum Artikel "Vorort-Rathäuser auf der Kippe" vom 30.9.:

Was muss ich hören, was muss ich lesen? Manches ist wohl bald gewesen! Geht der Rathausklau bald um? Meint ihr denn, wir sind so dumm, merken nicht schwindende Bürgernähe? Wenn ich in "mein" Vorort-Rathaus gehe, werde ich vor Ort betreut - mich auch der kurze Weg erfreut! Wir Alten - wir werden immer mehr - haben Probleme im Verkehr, marschieren bald per pedes durch die halbe Stadt, bis man den zentralen Bürgerdienst gefunden hat. Bei Rolli ("Standesamt mit Herz") wurden die dezentralen Dienste aktiv, die Betreuung schnell und reibungslos lief. Denkmalgeschützte Bürgerdienste wurden erst vor kurzem aufwendig saniert und vielleicht morgen wieder geschlossen? So arbeitet die Verwaltung unverdrossen an ihrem Ruf, ihrem Image - ich kann es nicht fassen - sie es anscheinend noch immer nicht lassen, an der Basis zu sparen (doch für ein fünftes Dezernat man noch immer Mittel hat!) Setzt Ihr unsere Steuern sinnvoll ein, werden wir Euch dankbar sein!

Da wird erst mal ein Versuchsballon von der Verwaltung im "MM" gestartet, bevor man sich mit der Idee in den Gemeinderat wagt, dessen Abstimmungsverhalten in der Frage noch genauso unklar wie die Reaktion der Bevölkerung scheint. Die Rede ist von den Bürgerbüros in den Mannheimer Stadtteilen, die man schließen will. Ein Unfug, der selbst Schilda alle Ehre machen würde. Bürgernähe, Familienfreundlichkeit und demografischer Wandel fehlen bei keiner Partei in den Sonntagsreden. Wie passt das zu diesem Plan der Stadt?

In Rheinau-Süd wurde ein Schulgebäude verkauft, um das Bürgerbüro in Rheinau Mitte sanieren zu können. Jetzt will man es schließen. Ein schlechter Scherz. Der massive Druck von Oberbürgermeister Dr. Kurz, die Verwaltung möge Sparvorschläge für den Haushalt der Stadt unterbreiten, führt zu solchem Unsinn. Wenn die Verwaltung versagt, dann helfen wir Bürger (wie so oft) mit Vorschlägen.

Rückfall in die Steinzeit

Was ist mit der Streichung eines Bürgermeisterpostens, wie schon mal vom Gemeinderat beschlossen? Senkung der Ausgaben für Gutachter, Berater und die Stabsstellen des OB. Es gibt auch qualifizierte eigene Leute. Warum nicht mehr als die Hälfte der städtischen Gesellschaften auflösen und die Einheiten den zuständigen Ämtern zuordnen? Man würde Kosten für Sitzungen, Tantiemen für Aufsichtsräte (fast nur Stadträte) sparen. Bei pflichtgemäßer Instandhaltung von städtischem Eigentum hätte man sich die "Einhüllung" des technischen Rathauses und den geplanten Neubau und somit viele Millionen Euro sparen können.

Es ist oft von der Metropolregion die Rede. Nur, um Gelder aus Programmen des Landes, Bundes und der EU abzuschöpfen? Kann man in der Metropolregion auch sparen, statt nur auszugeben? Warum kann man die Theater, Kongresszentren und einige andere Einrichtungen nicht in Stiftungen oder Zweckverbände einbringen und ohne Qualitätsverlust viel Geld durch Synergien sparen? Das funktioniert doch auch bei den bestehenden Zweckverbänden. Die Region hat den Nutzen durch diese Einrichtungen, dann sollte man auch gemeinsam die Lasten (sprich Kosten) tragen.

Mir ist bewusst, ein Aufschrei bestimmter Interessengruppen wäre die Folge. Allerdings wäre der Aufschrei noch viel größer, wenn sich die Bürgerschaft der Vororte daran erinnern würde, dass man einmal selbständig und nicht eingemeindet war. Dass man nicht der Verwaltung hinterher reisen musste. Die war mitten im Ort, dort wo heute noch die alten Rathäuser stehen. Da gab es keine abwegigen Vorschläge aus der Anonymität ferner Verwaltungsstrukturen. Manche Umlandgemeinde ist ein Beleg dafür. Dort gibt es bürgernahe, funktionierende Verwaltungen in direkter Bürgernähe! Und das ist gut so.

Die Mannheimer Verwaltung macht sich tatsächlich Gedanken über die Anzahl der Bürgerdienste in den Vororten. Einzelne Bürgerdienststellen sollen sogar ganz geschlossen werden. Offensichtlich ist der Kostendruck in der Verwaltung so extrem, dass selbst absolute Tabus in Frage gestellt werden.

Da wird jahrelang Bürgernähe propagiert und dann dieser unbegreifliche Rückfall in kommunalpolitische Steinzeit. Dass gespart werden muss, würden Bürger ja vielleicht sogar einsehen. Der riesige Investitionsbedarf in der Stadt für Schulen, Straßen, öffentliche Gebäude und Institutionen bleibt nur wenigen verborgen. Eine Mehrheit der Mannheimer Bürger würden deshalb auch unpopuläre und unbequeme Konsequenzen für notwendige Sanierungen zwar nicht widerspruchslos, aber am Ende doch akzeptieren. Wenn da nicht eine ganz andere Seite der Stadt für jeden erkennbar wäre. Denn für umstrittene Prestigeobjekte wie Kunsthalle, Kulturhauptstadt, BuGa, selbst für eine unnötige Seilbahn und für publikumswirksame Reisen großer Delegationen der Stadt rund um den Globus scheint Geld unbegrenzt zur Verfügung zu stehen.

Wie passt das zusammen? Verantwortungsvolle Haushaltspolitik sieht anders aus. Die politisch Verantwortlichen müssen uns Bürgern auf jeden Fall diesen Widerspruch erklären. Extremer Sparzwang auf der einen Seite und großzügige Geldausgaben, man könnte es auch Verschwendung nennen, auf der anderen Seite. Bevor unsere Verwaltung geradezu in Sparhysterie verfällt, müssen alle größeren Projekte auf den Prüfstand.

Die beabsichtigte Schließung der Bürgerdienste in einigen Vororten und nun noch der Rückzug der Bürgerdienstleiter aus der Organisation zum Volkstrauertag ist ein Paradebeispiel dafür, wie man Wählerverdrossenheit produziert und Bürger der AfD in die Arme treibt. Hier sollen Kleinbeträge gespart werden, aber auf der anderen Seite werden Unsummen Euro für unberechtigte Flüchtlinge und Migranten (ich meine die ohne Bleiberecht) ausgegeben. Wenn die Tradition zum Gedenken an alle Opfer der Kriege von einer Stadt nicht mehr gepflegt wird, dann ist das eine negative Veränderung.

Wie war doch die Aussage unserer Kanzlerin: "Deutschland wird sich nicht verändern". Und so wird es noch viele Veränderungen geben, um unseren "neuen Bürgern" wohlfeil und unterwürfig zu sein.

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