Gemeinderat - Stadtspitze rechnet mit einem Plus von 54 Millionen Euro im Haushalt / Debatte über das geplante Sparprogramm

Mannheim nimmt deutlich mehr Gewerbesteuer ein

Von 
Heiko Brohm
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Der größte Teil des unerwarteten Geldsegens kommt aus der Gewerbesteuer - die Stadt rechnet hier mit Mehreinnahmen von 45 Millionen Euro.

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Mannheim erwartet in diesem Jahr einen deutlichen Haushaltsüberschuss. Der Halbjahresbericht, den Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) gestern im Gemeinderat vorgelegt hat, zeigt kräftige Mehreinnahmen. Mit rund 54 Millionen Euro mehr in der Kasse rechnet die Verwaltung am Ende des Jahres im Ergebnishaushalt. Doch weder Kurz noch Kämmerer Christian Specht (CDU) sehen in dem Geldsegen einen Grund zum Jubeln.

Der Halbjahresbericht

  • Im Halbjahresbericht trägt die Stadtkämmerei zusammen, wie sich der Haushalt zum Ende Juni darstellt und errechnet daraus eine Vorausschau auf das ganze Jahr.
  • Am auffälligsten ist dabei die Veränderung bei der Gewerbesteuer. Die Kämmerei geht hier von Mehreinnahmen in Höhe von 45 Millionen Euro in diesem Jahr aus.
  • Der Großteil stamme aus Nachzahlungen für die Vorjahre. Zudem bewirkten diese Mehreinnahmen, dass Mannheim weniger Landesmittel bekommt und mehr in den kommunalen Ausgleich zahlen muss.
  • Laut Kämmerer Christian Specht bedeuten 45 Millionen mehr Gewerbesteuer am Ende nur gut 20 Millionen Euro echte Netto-Mehreinnahmen.
  • Mehr Geld als erwartet bekommt die Stadt vom Land. Die Zuweisungen für die Kinderbetreuung werden um 3,7 Millionen Euro höher ausfallen, aus der Grunderwerbsteuer bekommt Mannheim rund 4 Millionen Euro mehr.

Mit 45 Millionen Euro stammt der größte Teil der Mehreinnahmen der Stadt aus der Gewerbesteuer. Daneben spielen größere und kleinere Effekte eine Rolle - etwa, dass die Stadt durch den Streik in den Kitas im vergangenen Jahr 1,5 Millionen Euro Personalkosten gespart hat.

So nüchtern präsentierten Kurz und Specht gestern die Zahlen in der Gemeinderatssitzung, dass CDU-Fraktionschef Carsten Südmersen bemerkte: "Was mir zu kurz kommt, das ist die Freude über ein so phänomenales Ergebnis." Was war nur passiert?

Die überraschend guten Zahlen treffen die Stadtverwaltung mitten in einer Umorganisation. Kurz und Specht hatten im vergangenen Jahr ein Programm angekündigt, die "Strukturelle Haushaltskonsolidierung Mannheim" (SHM). Sie wollen damit jedes Jahr 42 Millionen Euro einsparen - so viel wie noch nie.

Große Vorhaben

Seit dem Frühjahr laufen dazu Gespräche in der Stadtverwaltung, bereits im kommenden Jahr soll das Programm in einem ersten Schritt sieben Millionen Euro erwirtschaften. Durch die neuen Haushaltszahlen fürchtet die Stadtspitze nun, dass die Verhandlungen schwieriger werden könnten. "Das Ergebnis weckt natürlich Begehrlichkeiten", sagte auch Südmersen. "Wir können trotzdem nicht auf strukturelle Haushaltsverbesserungen verzichten", das hatte Kurz schon in einem Gespräch vor der Gemeinderatssitzung gesagt. Die Mehreinnahmen aus diesem Jahr ließen sich schließlich nicht genauso für die Zukunft annehmen, womöglich handle es sich nur um einmalige Effekte.

Noch intensiver warb Kämmerer Specht dann im Gemeinderat, an dem eingeschlagenen Weg festzuhalten. "Eine Diskussion, ob wir das SHM weglassen können, verbietet sich." Er verwies darauf, dass Mannheim in den kommenden zehn Jahren Investitionen von 800 Millionen bis einer Milliarde vorhabe - von der Sanierung von Straßen, des Nationaltheaters und von Schulen bis zur Plankenumgestaltung, dem Grünzug und einer Bundesgartenschau. Dafür brauche die Stadt Geld, das sie hauptsächlich durch Sparen erwirtschaften müsse.

Für die SPD regte Ralf Eisenhauer dennoch an, dass die Fraktionen jetzt gemeinsam nach Vorhaben suchen sollen, die sie umsetzen wollen. Dirk Grunert (Grüne) sagte, man müsse überlegen, welche Projekte man auf den Weg bringen wolle.

Birgit Reinemund (FDP) dankte dagegen ausdrücklich dem Kämmerer Specht für seine "mahnenden Worte". Es gebe keinen Grund, jetzt nachlässig zu werden. Zudem bemerkte sie, "dass die Gewerbesteuererhöhung doch nicht nötig gewesen wäre". Der Gemeinderat hatte den Steuersatz im Jahr 2011 erhöht. Auch Vertreter der Mannheimer Liste und Alfa mahnten, dass die Stadt weiterhin sparen müsse.

Der Gemeinderat hat am Dienstag in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause weitere Beschlüsse gefällt - und einen erwarteten Beschluss nicht gefällt:

Windkraft: Eine Entscheidung, ob und wo im Käfertaler Wald eines Tages Windräder gebaut werden können, fiel gestern nicht. Der Punkt wurde von der Tagesordnung gestrichen. Grund sind andere Kommunen der Region. Sie hatten keine fertigen Pläne vorgelegt, wo auf ihrer Gemarkung Windräder entstehen können, sondern ihre Einschätzung an den Nachbarschaftsverband zu einer "vertiefenden Prüfung" weitergegeben. So macht es Mannheim auch, die strittige Entscheidung ist damit vorerst vertagt.

Schulkindbetreuung an Ganztagsschulen: Mit Mehrheit hat der Gemeinderat beschlossen, dass die zusätzliche, freiwillige Betreuung der Schüler an Ganztagsgrundschulen kostenpflichtig wird. Die Entscheidung gilt ab dem neuen Schuljahr, eine Übergangsfrist für Familien, deren Kinder jetzt schon die Schulen besuchen, lehnte die Mehrheit ab.

Städtepartnerschaft: Beschlossen ist auch Mannheims neue Partnerschaft mit der chinesischen Stadt Quingdao. Ende August wird eine städtische Delegation nach China fliegen, um den Vertrag zu besiegeln.

Ehemalige Mitarbeit

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