DDR-Bürgerrechtler beantwortet Fragen

Rainer Eppelmann sprach bei der "MM"-Kantine über die DDR und die Freiheitsliebe. Die Besucher waren begeistert und stellten viele Fragen.

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Alexander Katz: Mich interessiert Ihre politische Meinung zur Ost-CDU. Zudem ist mein Eindruck, dass die Bedeutung des Tages der Deutschen Einheit bei vielen nicht sehr groß ist. Welche Erinnerungskultur wünschen Sie persönlich sich?

Eppelmann: Die CDU bestand aus Bürgerrechtlern, die etwas anderes wollten, als es in Deutschland seit 1933 gab. Anfangs vermittelten sie das bewusst und mutig, am Ende mussten sie jedoch um ihr Leben fürchten. Die CDU wurde klein und zaghaft gehalten und verlor so auch an Ansehen.

Natürlich ist es einfacher eine Erinnerungskultur zu beleben, solange es noch Zeitzeugen gibt. Ich denke aber, es ist viel passiert in den letzten Jahren. Im Vergleich zur Aufarbeitung des Dritten Reichs sind wir schon relativ weit. Es ist vor allem wichtig nicht zu vergessen, dass unsere Demokratie nicht selbstverständlich ist.

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Johannes Meiners: Ich habe die DDR nicht erlebt, aber war der Blick damals, der neidvolle Blick von DDR-Bürgern nach Westdeutschland nicht etwas zu idealistisch?

Eppelmann: Es gehörte im Osten zum allabendlichen Programm das Westfernsehen zu schauen. Von Anfang an sah man dort, dass es im Westen mehr Möglichkeiten gab als bei uns, dass die Menschen einfach mehr hatten. Da war schon Neid im Spiel und man fragte sich: "Arbeiten die wirklich so viel mehr, sind sie so viel besser als ich?". Später merkte man dann natürlich, dass der Westen kein Schlaraffenland war, sondern harte Arbeit dahinter steckt.

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Karlheinz Krüger: Ich kann vieles bestätigen, was sie sagen. Auch ich habe in Görlitz unter dem Regime gelebt. Und doch hätte ich mir gewünscht, dass mehr, wie Sie, den Mund aufgemacht hätten. Zudem würde ich gerne wissen, wie Sie die Rolle von Angela Merkel damals einschätzen würden.

Eppelmann: Widerstand hat es immer gegeben. Jedoch hätte auch ich mir in manchen Situationen gewünscht, selber mehr Kontra gegeben zu haben. Sie sollten jedoch barmherziger sein. Man muss die angehen, die die Angst verbreitet haben.

Ich habe damals den Vater von Angela Merkel kennengelernt. Frau Merkel war eine von den Personen, die in die FDJ gegangen ist, weil sie studieren und mehr erreichen wollte. Sie hatte dort jedoch keine bedeutungsvolle Position inne, hat jedoch auch nicht "nein" gesagt.

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Jochen Bläsing: Wolfgang Vogel war im SED-Regime mit dem Austausch von Gefangenen und Agenten betraut. Wie bewerten Sie seine Arbeit und ist er Ihnen einmal begegnet?

Eppelmann: Ja, ich bin ihm einmal bei einem kirchlichen Empfang begegnet und habe gleich zu meiner Frau gesagt, dass ich noch nie solch kalte Augen gesehen habe. Er war ein Funktionär der DDR, und in dieser Funktion hat er sicherlich auch Menschen geholfen, in Einzelfällen zumindest. Dabei wurde er für DDR-Verhältnisse ein reicher Mann.

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Günter Rinn: Wann werden die Medien aufhören, über die "neuen" Bundesländer zu sprechen? Für mich schwingt da Distanz mit. Ein Vorschlag von mir wäre, dass man nördliche, östliche, südliche und westliche Bundesländer sagt.

Eppelmann: Schwer zu sagen, vielleicht 2019, wenn der Solidaritätspakt ausläuft. Darauf ruht man sich aus. Es fehlt tatsächlich ein überzeugender Begriff.

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Marcus Eberle: Was hat Ihnen damals die Stärke gegeben, sich gegen die Drohungen der Stasi zu stellen?

Eppelmann: Vor allem mein Glaube. Daran, dass man nicht allein ist. Es gab Freunde, den Kirchenrat, alltägliche Helden. Zudem war ich durch meine Position relativ "sicher". Hätte ich allerdings gewusst, dass sie mir nach dem Leben trachten, hätte ich das eine oder andere nicht getan.

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Silke Krebs: Ich will mich einfach nur bei Ihnen bedanken. Für diesen Abend, aber auch ganz persönlich. Auch ich bin in der DDR aufgewachsen, auch ich hatte Erfahrungen mit flüsternden Eltern. Dank Ihrer Vorreiterrolle haben wir damals einen Raum gefunden, in dem wir uns als Jugendliche treffen und austauschen konnten. Ebenfalls in einer Kirche.

Eppelmann: Vielen Dank!

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Jens Hildebrand: Wie bewerten Sie die Rolle der Oppositionellen aus der DDR-Zeit nach der Wiedervereinigung?

Eppelmann: Sie sind heute aufgrund des Alters weitgehend aus der politischen Landschaft verschwunden. Für die meisten war aber mit der Vereinigung erreicht, wofür sie sich eingesetzt hatten. Die Verfassung der BRD war das Beste, was passieren konnte.

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Cornelius Fischer: Ich bin überrascht, Sie sprechen im Zuge der Wiedervereinigung stets von Revolution, nicht von der Wende wie andere Politiker. Warum?

Eppelmann: Wenn man sich die Auswirkungen anschaut, wie die Leute in der DDR gelebt haben und wie sie jetzt leben, da muss man von einer Revolution sprechen. Im Normalfall benutzen die Politiker das "Unwort" Wende eigentlich nicht mehr.

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Martina Mamodaly: Mich interessiert, wie viel die DDR-Bürger tatsächlich über die Stasi wussten.

Eppelmann: Das ist eine sehr spannende Frage. Ich würde sagen, die Stasi hat nicht das Leben aller ausgemacht, die wenigsten kamen direkt mit ihr in Kontakt. Natürlich hat sie den Menschen aber Angst eingeflößt, und das war es auch, was das Regime wollte: Kontrolle durch Angst.

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Gerhart Sammet: Bei einem Besuch in der DDR habe ich sehr schlechte Erfahrungen gemacht. So streng und scharf waren die Grenzer. Ich bewundere, dass Sie es so lange dort ausgehalten haben.

Eppelmann: Es tut mir leid, was für Erfahrungen Sie machen mussten. Dennoch würde ich sagen, Sie sind einfach an die Falschen geraten. Nicht alle Ostberliner waren boßhaft und verbittert, nur weil sie eben Ostberliner waren.

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Heinz-Peter Müller: Sie haben sich geweigert, zur Armee zu gehen, wurden dafür inhaftiert und studierten anschließend Theologie. Wieso wurden Sie letztlich Verteidigungsminister?

Eppelmann: Ich war Bausoldat, habe also nur die Waffe verweigert. Die Bezeichnung meines Amtes war Minister für Abrüstung und Verteidigung - mit klarer Betonung auf Abrüstung.

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Matthias Potz (78) aus Mannheim:

"Herr Eppelmann hat das all denjenigen, die das nicht selbst erlebt haben, sehr gut erklärt. Auch wenn es natürlich nur ein Bruchteil von dem sein kann, was in der DDR tatsächlich geschehen ist. Schade, dass nicht mehr junge Leute da waren."

August Mehl (73) aus Mannheim:

"Eine ganz tolle Veranstaltung und ein brillanter Vortrag. Ich war früher oft in der DDR zu Besuch und habe die Schikanen der Grenzbeamten erlebt. Das war immer ein theater. Alle Leute mussten aus dem Auto aussteigen und das Auto kam zur Inspektion auf eine Hebebühne. Und auf der Rückfahrt dann genauso."

Helmut-Hans Kneller aus Heddesheim:

Eigentlich wollte ich mit meinem Sohn, der Geschichtslehrer ist, herkommen. Aber leider musste er zu einem Elternabend. Mir hat der Vortrag von Herrn Eppelmann sehr gut gefallen - das war eine richtig gute Geschichtsstunde. Ich habe früher oft die DDR besucht und immer eine starke Beklommenheit dabei gefühlt."

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