Drucktechnik zum Anfassen

Von 
Christian Schall
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Ein Blick in das neue Print Media Center Commercial der Heidelberger Druckmaschinen in Wiesloch. Die Kunden erleben hier bei Praxisvorführungen die integrierte Druckproduktion von der Vorstufe über den Digital- und Offsetdruck bis zur Nachbearbeitung mit Falzen und Schneiden.

© Heidelberger Druckmaschinen

Ihre neuesten Offset- und Digitaldruckmaschinen kann die Heidelberger Druckmaschinen AG ihren Kunden seit kurzem unter Realbedingungen präsentieren. Im neuen Print Media Center (PMC) Commercial integriert Heideldruck neben den traditionellen Hauptmärkten Werbe- und Verpackungsdruck - für letzteres existiert bereits seit 2008 ebenfalls in Wiesloch ein vergleichbares PMC rund um die Faltschachtel-Produktion - auch die künftigen Wachstumssegmente des Weltmarkts aus den Bereichen Digitaldruck, Verbrauchsmaterialien und Services. "Wir wollen den Nutzen unserer Produkte und Dienstleistungen für die Kunden sichtbar und erlebbar machen", sagt Roland Krapp, Leiter des PMC. "Besonders mit passenden Verbrauchsmaterialien unterstützen wir die Kunden, um ihre Maschinen produktiver und damit profitabler betreiben zu können."

Heideldruck und die Branche

Das neue Print Media Center ist einerseits ein Symbol für den Wandel in der Branche insgesamt, aber auch für das Unternehmen selbst. Mehr als 6000 Mitarbeiter mussten in den vergangenen Jahren weltweit bei Heideldruck gehen, in der Region rund 3000.

Da durch den Personalabbau am Standort Wiesloch zahlreiche Gebäude und Hallen leer standen, beschloss Vorstandschef Gerold Linzbach, weite Teile des Unternehmens dorthin zu verlegen und im Gegenzug hohe Mieten in Heidelberg zu sparen. Von den Kunden gibt es erste positive Rückmeldungen und auch intern kommt die Investition offenbar gut an: "Das wird von den Mitarbeitern sehr genau wahrgenommen und ist ein positives Zeichen für den Standort", so PMC-Leiter Roland Krapp.

Die Druckereien indes stehen unter einem harten Wettbewerbsdruck: Sie leiden unter fallenden Preisen, sollen immer schneller liefern, gleichzeitig sinken die Auflagen und die Aufträge wechseln immer häufiger. Besonders Werbedrucker, meist kleine und mittelständische Betriebe, erhalten zusätzliche Konkurrenz durch Internetanbieter. Das neue Print Media Center will sie bei diesen Herausforderungen unterstützen. cs

Wenn auch die Entfernung zwischen Heidelberg und Wiesloch gering ist - die räumliche Trennung war nun einmal vorhanden. "Jetzt haben wir kurze Wege, schnellere Prozesse und eine kurze Abstimmung", zählt er die Vorteile am neuen Standort auf. "Unsere Kunden erwarten von uns inspiriert zu werden, auch mit dem, was sie nicht unbedingt erwarten", sagt Krapp.

33 Jahre lang war ein ähnliches, aber mit den heutigen Dimensionen nicht vergleichbares PMC in der Hauptverwaltung in der Heidelberger Kurfürstenanlage untergebracht. Die Räumlichkeiten waren begrenzt und verschachtelt, gleichzeitig wuchsen über die Jahre die Dimensionen der Druckmaschinen. "Das war historisch gewachsen, verwinkelt und eng", stöhnt Krapp beim Anblick der Bilder. Jetzt, im neuen PMC, erinnert nur eines noch an die Heidelberger Zeiten: "Als Hommage an die Vergangenheit", so Krapp, ist eine kleine Fläche im Empfangsbereich mit dem typischen Holzboden aus der einstigen Zentrale gestaltet.

Ansonsten bietet das so modern anmutende Gebäude aus Stahl und Glas, das tatsächlich schon fast 20 Jahre alt ist und bisher das Ausbildungszentrum beherbergte, auf 4700 Quadratmetern eine voll ausgestattete Druckerei auf dem neuesten Stand der Technik. Was in der Zukunft möglich sein wird, zeigt eine digitale Maschine, die Fußbälle bedruckt. Krapp ist überzeugt, dass sich bald alle möglichen Gegenstände damit bedrucken lassen und sich somit Massenartikel individualisieren und personalisieren lassen.

Auf einer großen Informations- und Präsentationsplattform des PMC können Kunden individuell nach ihren Anforderungen beraten werden. An in Stehpulten integrierten Touchscreens lassen sich geplante Investitionen nach den speziellen Bedürfnissen des Kunden simulieren. Für ihn ergibt sich der Vorteil, dass die Simulation unter Real- und nicht unter Laborbedingungen abläuft. Mehrere Arbeitsaufträge lassen sich durchspielen. Die Kunden können Druckaufträge mitbringen, diese vor Ort analysieren und gegebenenfalls optimieren, um am Ende über eine qualitativ hochwertige und stabile Produktion zu verfügen. "Unsere Kunden sparen sich ihr eigenes Testlabor für Verbrauchsmaterialien", erklärt Krapp.

Zu sehen sind auch kleine aber praktische Zubehörteile im Einsatz wie Transportwagen für Druckplatten oder Halterungen für Farbkartuschen, die Heideldruck ebenfalls anbietet. "Wir wollen die Kunden durch unser Know-how inspirieren", so der Leiter des PMC.

In beiden Showrooms sind etwa 100 Mitarbeiter und zehn Auszubildende beschäftigt. "Das ist ohne Vergleich in der Industrie, kein Anbieter ist so komplett aufgestellt wie wir", sagt Krapp mit gewissem Stolz. Bevor eine Anlage beim Kunden installiert wird, kann er seine Mitarbeiter im PMC schulen lassen. Auch Weiterbildungen sind möglich.

3,5 Millionen Euro hat Heideldruck in den Umbau und Umzug investiert. Einsparungen ergeben sich laut eines Firmensprechers jedoch durch die strukturelle Veränderung des Marktes mit Konsolidierungen. Dadurch werden dezentrale Showrooms und Messeauftritte zurückgefahren, stattdessen konzentriert sich Heideldruck auf wichtige Märkte und Ausstellungen wie die Branchenleitmesse drupa und zwei weitere Leitmessen in China und Brasilien. Bei der drupa im Juni 2016 in Düsseldorf wird Heideldruck mit Neuigkeiten präsent sein, es wird aber auch einen Schwerpunkt mit Veranstaltungen in Wiesloch geben.

Ansonsten sollen sich die Kunden bewusst in Wiesloch informieren. An den drei Eröffnungstagen kamen mehr als 500 Besucher aus aller Welt. Geplant sind mehr als 1200 individuelle Demos pro Jahr bei rund 800 Einzelbesuchen von Kunden. Hinzu kommen mehrmals im Jahr größere Veranstaltungen und Thementage. Vorteil für Heideldruck: "Die Anzahl der Demos ist auch ein Frühindikator für unser Geschäft", sagt Krapp. Gemessen an den zurückliegenden Demos seit der Neueröffnung wird ihm nicht bange: "Für die kurz- und mittelfristige Zukunft der Branche bin ich durchaus optimistisch."

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