Fahrzeugwachs

Eine glänzende Idee

Von 
Simone Sohl
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Zwei Mannheimer voller Tatendrang: Andreas Werner (li.) und Sebastian Steininger.

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Anfangs hat Sebastian Steininger immer im Kreis gewischt. "Wahrscheinlich kam das von der Kupfertheke in den Restaurants meiner Eltern - die hab' ich auch immer so poliert", sagt er. In Gastwirtschaften mag das funktionieren, für Oldtimer ist die kreisende Methode weniger geeignet: Zum Glänzen bringt man das Fahrzeug so nicht, und der Lack kann Mikrokratzer bekommen.

"Herrenfahrt"

Das gleichnamige Mannheimer Start-up-Unternehmen konzentriert sich mit der Marke "Herrenfahrt" auf den Vertrieb von Autopflegemitteln für Old- und Youngtimer sowie Luxusfahrzeuge.

Die Produktpalette umfasst Shampoo, Reinigungsknete, Politur, Wachs, Finishspray, Sprühversiegelung sowie Mikrofasertücher und Reinigungs-Puks.

Wer möchte, kann auch die Dienstleistung dazu buchen: Dann kommt der Aufbereiter zum Kunden nach Hause und poliert den Wagen. Auch Workshops für Oldtimer-Freunde sind geplant. sos

Auch Andreas Werner erinnert sich noch gut an eigene Anfängerfehler: "Ich bin mit dem Hochdruckreiniger zu nah ran an den Lack." Inzwischen sind die beiden Mannheimer aber Profis in Sachen Autopflege. Unter der von ihnen neu geschaffenen Marke "Herrenfahrt" vertreiben sie Autopflegeprodukte für Oldtimer, Youngtimer und Luxusvehikel.

Für Oldtimer-Fans sind die beiden Mittzwanziger noch ziemlich jung. "Das hat auch die potenziellen Kunden überrascht, mit denen wir bislang gesprochen haben", erzählt Werner. Mit Holzfällerhemd, Bart und langem Deckhaar entsprechen die beiden nicht ganz dem Look des bessergestellten Herrn über 50, der am Wochenende seine blechernen Schätzchen ausfährt. Doch mit "Herrenfahrt" soll ja gerade frischer Wind in die Autopflegebranche kommen, in der ein Platzhirsch den Markt beherrscht.

Nach seinem Musikbusiness-Studium an der Mannheimer Popakademie erfuhr Werner, dass der Frühphaseninvestor Matthias Storch von MS Venture ein Team für eine Firmengründung suchte. Der Start-up-Projektleiter der Popakademie empfahl ihn, und so hatte er mit Storch einen Mentor und Investor an der Seite. Fehlte nur noch die Geschäftsidee.

"Wir sind dann schnell auf Autopflegeprodukte gestoßen, denn wir wussten, dass es auf dem Markt wenig Bewegung gab", sagt Werner. Die Zielgruppe: Fahrzeug-Liebhaber, denen die Pflege ihres Automobils am Herzen liegt - egal, ob männlich oder weiblich. "Herrenfahrt" sei eben ein schöner Begriff aus alten Zeiten, den man mit Ausfahrten im Sommer verbinde. "Aber es gibt ja auch immer mehr Frauen, die sich für Oldtimer interessieren."

Seinen Geschäftspartner fand Werner dort, wo sich Mannheims Hipsterszene trifft: in der Jungbusch-Bar "Hagestolz". Sebastian Steininger war von der "Herrenfahrt"-Geschäftsidee gleich angetan. Der 24-Jährige studiert derzeit zwar noch Kultur und Wirtschaft an der Universität Mannheim. "Aber ich bin in den letzten Zügen", sagt er und grinst.

Kam das Interesse an Oldtimern also erst mit der Entscheidung, ein Start-up in der Branche zu gründen? Werner wiegelt ab: "Gereizt hat mich das Thema schon immer, aber als Student kann man sich das ja nicht leisten." Und Steininger erzählt von einem Schulpraktikum, das er in einer Autowerkstatt absolviert hat. "Aber so richtig eingearbeitet in das Thema haben wir uns erst in den vergangenen Monaten." Jetzt jedoch sind sie Feuer und Flamme, überlegen sogar, sich einen Oldtimer zuzulegen - als Präsentationsmodell für Messen etwa.

Nach der Entscheidung für das Produkt ging alles ganz schnell. "Wir haben mit vielen Oldtimerfans aus der Region gesprochen", erzählt Steininger, "und immer wieder fiel ein Name: Norbert Käfer". Der Fahrzeug-Aufbereiter mit Sitz in Waldsee ist in der Szene bekannt für ein Wachs zur Lackversiegelung, das er selbst herstellt. Die "Herrenfahrt"-Gründer nahmen Kontakt mit ihm auf - und Käfer war einverstanden mit der Zusammenarbeit.

Der erfahrene Oldtimer-Spezialist verriet den Gründern sein Rezept, nach dem er bis dato Wachs auf seinem eigenen Ceranfeldherd kochte, und entwickelte es mit ihnen weiter. Und Käfer brachte den Frischlingen die Grundlagen der Autopflege bei. "Anfangs wollten wir nur Wachs herstellen, inzwischen sind wir bei elf Produkten angelangt", erzählt Werner.

Von der "Hardware" wie Mikrofasertüchern bis hin zur "Software" wie Shampoo, Reinigungsspray und Sprühversiegelung bietet "Herrenfahrt" alles an, was zur Fahrzeugpflege nötig ist. Der Kunde kann wählen, ob er für sein Automobil nur das Wachs möchte oder das komplette Premium-Paket.

"Herrenfahrt" legt auch Wert auf die Verpackung: edel und hochwertig soll sie sein. Das Wachs kommt im schwarzen Glastiegel, die anderen Produkte in Weißblechdosen. Die Produktion in Chargen zu jeweils 100 Stück übernimmt ein Mannheimer Labor, Mitte September soll das Geschäft anlaufen. "Und bis Ende des Jahres wollen wir beweisen, dass es funktioniert", sagt Steininger.

Bleibt eigentlich nur noch eine Frage offen: Von welchem Auto träumen die beiden Herren von "Herrenfahrt"? Andreas Werners Antwort kommt prompt: "Von einem 1967er Ford Mustang. Mit Rallyestreifen." Sebastian Steininger muss ebenfalls nur kurz überlegen. "Ein 911er wär' mein Favorit. Von 1986." Die Blicke schweifen ab. Keine Frage, die beiden hat es erwischt, das Oldtimer-Fieber.

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