Engagiert im Quadrat

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MEENA STAVESAND
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Lange hat Carolin Bleisteiner von einem eigenen Textilbetrieb geträumt. Im vergangenen Jahr wagte sie schließlich den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete "Carokissen".

© Stavesand

Angefangen hat alles auf der Aussteuer-Nähmaschine von Carolin Bleisteiners Mutter. Denn die 33-jährige Mannheimerin hatte eine Vision: ein eigenes Textilunternehmen. Seit etwas mehr als einem Jahr lebt Carolin Bleisteiner nun diesen Traum. Ihr Produkt sind kleine quadratische Kissen, die den doppeldeutigen Namen "Carokissen" tragen. Das "Caro" steht dabei nicht nur für Bleisteiners Vornamen Carolin, sondern auch für das Karomuster, das die Jungunternehmerin gerne bei ihren Kissen verarbeitet.

Carolin Bleisteiner

Die gebürtige Mannheimerin Carolin Bleisteiner hat im Juli 2014 ihr Startup-Unternehmen Carokissen gegründet.

Ihre Kissen lässt sie von psychisch und physisch beeinträchtigten Menschen produzieren.

Bevor sich die 33-Jährige selbstständig gemacht hat, arbeitete sie für ein internationales IT-Unternehmen im Marketing, war auch mit Vertriebsaufgaben betreut.

Studiert hat Carolin Bleisteiner Kulturwissenschaft an der Universität Paderborn. mena

Genau genommen macht Bleisteiner dies aber nicht selbst. Ihre Geschäftsidee ist sozial motiviert: "Mir war es von Anfang an wichtig, meine Kissen nicht nur in Deutschland produzieren zu lassen, sondern auch Menschen in die Herstellung einzubinden, die es in der Arbeitswelt sehr schwer haben", erzählt die Mannheimerin.

Darum lässt Bleisteiner ihre Multifunktionskissen von psychisch und physisch beeinträchtigten Menschen nähen. "Es ist immer wieder eine Freude zu sehen, wie viel Spaß es ihnen macht. Sie sehen direkt, was sie geschafft haben. Das ist ein tolles Erfolgserlebnis für sie - und für mich", sagt die 33-Jährige.

Regelmäßig fährt sie zu den vier sozialen Einrichtungen in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, um nicht nur die Kissen persönlich abzuholen, sondern auch mit den Menschen in Kontakt zu bleiben. "Das ist ein Teil meiner Arbeit, der mir unheimlich viel Spaß macht."

Gerade die psychisch Erkrankten würden so aus ihrer Einsamkeit geholt und könnten wieder an der Gesellschaft teilhaben. "Sie nähen die Kissen immer in Gruppen, jeder hat seine Aufgabe - und jeder darf auch mal ein fertiges Kissen unterzeichnen", erklärt Bleisteiner. Denn an jedem kleinen Quadrat hängt eine Signatur, wer es hergestellt hat. Die Jungunternehmerin legt nach eigenen Angaben Wert darauf, alles in Deutschland produzieren zu lassen. Faire Löhne seien ihr wichtig - das schlägt sich auch im Preis der Kissen nieder, die knapp 35 Euro kosten. Dafür seien die Multifunktionskissen aber auch schadstofffrei, allergikergeeignet und Ökotex-zertifiziert, so Bleisteiner.

Die 33-Jährige lässt ihre Produkte nicht nur von psychisch und physisch beeinträchtigten Menschen herstellen. Sie spendet pro verkauftem Kissen außerdem einen Euro an die Beratungsstelle Amalie in Mannheim, die sich um Prostituierte kümmert und diesen neue Perspektiven in Deutschland vermitteln will.

Kunden, die ein "Carokissen" kaufen wollen, können sich in dem Kissen-Konfigurator auf Bleisteiners Homepage ein individuelles Quadrat nach ihren persönlichen Vorstellungen gestalten. Meistens steht auf den 18 mal 18 Zentimeter kleinen bunten Kissen ein großer Buchstabe. Aber auch Symbole hat die Mannheimerin mittlerweile in ihrem Shop. "Geht nicht, gibt's nicht", sagt sie. Eine Besonderheit der Kissen ist außerdem ihre Verbindungsstelle. Sie können nämlich durch ihre Knopfleiste an jeder Seite zusammengefügt werden. Auch an eine kleine Tasche auf der Rückseite, in der Kinder ihre Geheimnisse oder Kleinigkeiten verstecken können, hat die Unternehmerin gedacht.

Das Design der Kissen, insbesondere die Knöpffunktion und die Tasche, sind beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen und somit vor Nachahmern geschützt, sagt sie.

Und wer sind ihre Kunden? "Firmen ordern gerne die Kissen, um ihren Namen zusammenzuknüpfen und im Büro zum Beispiel auf Sofas zu drapieren", erklärt Bleisteiner. Einmal sei auch eine Schule auf sie zugekommen, die ihren Rektor mit einer Kissen-Kette verabschieden wollte. "Es gibt auch zwei kleine Jungs in Amerika, die bereits ihren kompletten Namen von Carokissen haben - Owen und Alden", erzählt Bleisteiner. Und aus der Schweiz seien ebenfalls schon Bestellungen eingegangen. Das sei aber eher die Ausnahme. Die meisten ihrer Kunden kämen aus der Region.

Noch steht Bleisteiner mit ihren Carokissen am Anfang. Ein eigenes Unternehmen aufzubauen, sei nicht einfach und sehr zeitintensiv, sagt sie. An Urlaub kann die Mannheimerin nach eigenen Worten deshalb momentan gar nicht denken. Sie ist auf Messen vertreten, arbeitet an ihren Produkten, entwirft neue Muster und denkt über Marketingstrategien nach, um Carokissen als Marke zu etablieren.

Den sozialen Charakter will sie dabei aber nicht vergessen. "Doch zuerst steht jetzt bald der Umzug in die Textilerei an", sagt sie, das ist ein Gründerzentrum für junge Textilunternehmen und Modelabels in Mannheim. Dann sind die eigenen vier Wände von Carolin Bleisteiner nicht mehr Büro, Stofflager und Wohnung in einem, sondern werden wieder zu einem Rückzugsort, um neue Ideen für ihr Unternehmen zu entwickeln.

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