Tonangebend bei Musik

Von 
Frank Schumann
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The Times They Are A-Changin', würde Bob Dylan sagen, die Zeiten ändern sich. In den 80er Jahren versprühte das Musikgeschäft Session in Walldorf den Charme einer Hinterhofgarage, die Wände notdürftig übertüncht mit etwas Farbe und vielen Postern. Das Café gleich hinterm Eingang verströmte mit Sperrholzpodest, Stahlrohrstühlen und Neonbeleuchtung reichlich Zeitgeist. Heute liegt das Büro von Session-Geschäftsführer Udo Tschira in einem eleganten Hochhaus auf der anderen Straßenseite, über dem neuen, 3000 Quadratmeter großen Laden.

Der Weg zu seinem Büro führt über gediegenes Echtholzparkett, Sichtbeton und viel Glas harmonieren mit dem schlicht designten Mobiliar. Von hier aus blickt Tschira auch auf ein Stück seiner eigenen Vergangenheit. Der 44-Jährige kaufte schon als Jugendlicher im Session ein, und ein Teil von ihm hängt immer noch an der alten Lagerhallenatmosphäre. "Der Laden war wie ein Wohnzimmer für mich, ein Platz, an dem ich mich einfach gerne aufgehalten habe", sagt Tschira.

Im April 2009 übernahm er Session Musik mit vier Partnern von Gründer Harry Schubkegel. Der hatte 1979 in einem kleinen Wieslocher Eckladen begonnen, Instrumente und Zubehör zu verkaufen. "Ich musste nicht lange darüber nachdenken", sagt Tschira. "Ein bisschen Nostalgie war aber natürlich dabei." Und so lebt in dem 2012 eröffneten Neubau manches von dem weiter, was Schubkegel außer dem Instrumentenverkauf noch bieten wollte - etwa das eigene Café als Treffpunkt und Bühne für Musiker.

Tschira war von Beginn an mit Herzblut bei der Sache. Als Saxofonist war er unter anderem mit den Ska-Idolen "The Busters" aus Wiesloch aufgetreten, mit Enthusiasmus packte er auch die neue Aufgabe im Musikgeschäft an. Doch der frischgebackene Unternehmer und seine Kollegen - heute sind noch Peter Bender, Hans-Jörg Fischer und Peter Quintern an Bord - mussten erkennen, "dass man als guter Musiker nicht unbedingt auch ein guter Manager ist". Die neuen Geschäftsführer expandierten zunächst kräftig, Session übernahm Musikgeschäfte in Heidelberg, Schwabbach, Gaggenau, Osnabrück und Frankfurt.

"Leider hat sich nicht alles so rentiert, wie wir uns das gewünscht hatten", sagt Tschira. Die Abläufe und Strukturen des Unternehmens waren nicht an die gestiegene Komplexität angepasst - ein schmerzhaftes Restrukturierungsprogramm auch mit Stellenabbau war die Folge. Heute gewinnt der Session-Geschäftsführer dem harten Schnitt auch Positives ab. "Wir haben im Unternehmen viel nachgeholt und die Krise ganz bestimmt als Chance genutzt." Mit einem Umsatz von knapp unter 30 Millionen Euro im vergangenen Jahr sowie 242 Beschäftigten sieht sich Session jetzt gut aufgestellt.

Das Unternehmen will sich künftig auf die Läden in Walldorf und Frankfurt sowie die Veranstaltungstechnik konzentrieren. Dazu kommt der Online-Handel, der deutlich ausgebaut werden soll. "Wir wollen organisch wachsen, Zukäufe würde ich für die nähere Zukunft ausschließen", sagt Tschira. Er ist überzeugt, dass der Instrumentenhandel Zukunft hat. "Die Musikschulen in der Region haben großen Zulauf, auch wenn sie mit vielen anderen Freizeitangeboten konkurrieren."

Dementsprechend biete Session auch Instrumente für Einsteiger im Niedrigpreissegment an. "Warum sollten wir das mit spitzen Fingern anfassen - wahrscheinlich kaufen die Kunden auch ihr nächstes Instrument bei Session", sagt Tschira. Ein weiteres Angebot richtet sich ebenfalls vornehmlich an junge Käufer: Apps, mit denen sich Instrumente erlernen lassen. "Sie bieten einen echten Mehrwert gegenüber DVDs, weil sie viel interaktiver sind", sagt Tschira. Die Idee stammte von Hans-Jörg Fischer und Peter Quintern als Leiter des "artist ahead Musikverlags" - der Verlag fungiert als Session-Muttergesellschaft.

Immer wichtiger wird zudem die Käuferschicht der 40- bis 50-Jährigen, Menschen, die nach einer längeren Pause ihre Liebe zum Musizieren wiederentdecken. Eine Entwicklung, die Tschira absolut nachvollziehen kann: "Ein Instrument spielen zu können, ist ein Schatz, den man ein Leben lang behält."

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