Forschungszentrum der ABB

"Wie Lego für Erwachsene"

Von 
Alexander Jungert
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Wenn Mensch und Maschine zusammenarbeiten sollen, müssen zunächst viele Herausforderungen überwunden werden. Eine besteht darin, die Arbeit sicher zu gestalten - kein Roboter soll einen Kollegen aus Fleisch und Blut verletzen.

© ABB

Wo Maschinen arbeiten, hat der Mensch aus Sicherheitsgründen nichts zu suchen. Roboter stehen hinter Schutzzäunen - zumindest bislang, denn künftig soll sich das ändern. In einer Halle des Forschungszentrums in Ladenburg hat ABB Fertigungslinien einer Fabrik nachgebaut. Ein weiß-grauer Zweiarm-Roboter soll dort feine Montage-Arbeiten übernehmen. Auf dem Standfuß prangt das Logo von ABB. Der Roboter ist nicht zu hören, wenn er sich bewegt. Das "lauteste" Geräusch verursacht die Lüftung eines Computers. Sobald ein Mensch ihm zu nahe kommt, bleibt der Roboter stehen. Er reagiert auf Reize von außen. Niemand soll sich verletzen. "Welche Rolle spielt der Mensch? Wie arbeiten Mensch und Maschine zusammen? Daran forschen wir. Bisher gab es dafür ja keine Standards", sagt Jan-Henning Fabian, Leiter des Forschungszentrums (kleines Bild).

ABB

In der Region Rhein-Neckar arbeiten rund 4300 Menschen für den Elektrotechnik-Konzern.

Standorte sind Mannheim (Zentrale), Ladenburg (Forschung) und Heidelberg (Stotz-Kontakt, Sicherungsautomaten).

ABB (Asea Brown Boveri) war 1987 aus der Fusion von Brown, Boveri & Cie. (BBC, Schweiz) und Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (Asea, Schweden) hervorgegangen.

Der damalige Vorstandsvorsitzende Percy Barnevik zerlegte ABB in tausend Einzelteile. Sparten gingen in neuen Unternehmen auf, Beispiele dafür sind Alstom (Kraftwerksbau) und Bombardier (Bahntechnik).

Mittlerweile hat sich der Konzern auf Energietechnik und Industrie-Automation spezialisiert.

In Deutschland beschäftigt ABB 10 000 Mitarbeiter, weltweit rund 150 000 in 100 Ländern. jung

Fabian, 42, ist seit April vergangenen Jahres im Amt. 2001 begann er, für ABB zu arbeiten. Zuletzt war er Abteilungsleiter für Leistungselektronik im Forschungszentrum Baden-Dättwil in der Schweiz. Wenn der promovierte Physiker über Automation, Vernetzung und Analyse von Massendaten spricht, merkt man ihm an, dass er mit Begeisterung dabei ist. Zur Roboter-Forschung in der Halle sagt Fabian: "Das ist wie Lego für Erwachsene."

Sieben Forschungszentren hat der Elektrotechnik-Konzern weltweit, Ladenburg im Rhein-Neckar-Kreis ist das einzige Forschungszentrum in Deutschland."Das unterstreicht die Bedeutung dieses Standorts", sagt Fabian. Rund 110 Menschen sind hier beschäftigt. Weitere Einrichtungen befinden sich in China, Indien, Polen, Schweden, in der Schweiz und in den USA.

Für ABB bieten neue Technologien einen Wettbewerbsvorteil. Erst vor wenigen Monaten kam der Industrie-Roboter YuMi auf den Markt, ebenso wie ein neues Kabelsystem für Hochstrom- und Gleichstrom-Trassen. Fabian erinnert an eine Innovation aus dem beginnenden 20. Jahrhundert, die heutzutage noch jeder bei sich zu Hause hat: ein Sicherungsautomat von ABB Stotz Kontakt, der Leitungen bei Überlastung in Bruchteilen von Sekunden abschaltet und damit Kabelbrände oder Stromschläge verhindert.

ABB investiert nach eigenen Angaben jährlich rund 1,5 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) in Forschung und Entwicklung. 8500 Wissenschaftler und Ingenieure experimentieren am Computer und in Laboren. Dabei raucht und knallt es nicht so wie bei der Comic-Figur Daniel Düsentrieb. Es gehört viel Kopf- arbeit dazu, neue Technologien zu entwickeln. Am besten mit anderen zusammen. "Forschen ist Teamarbeit", sagt Fabian. "Wir geben unseren Mitarbeitern viel Freiraum für Kreativität. Das erklärt auch die hohe Motivation."

Das Forschungszentrum Ladenburg arbeitet weltweit mit 70 Universitäten zusammen. Vor allem Studenten von technischen Universitäten wie Karlsruhe und Darmstadt stehen Schlange, um im Forschungszentrum Ladenburg Erfahrungen zu sammeln. Sie sind gleichzeitig die künftigen Fachkräfte für ABB.

Ein wichtiges Feld für Ladenburg ist die Automatisierung von Gebäuden. Beispielsweise sind alle Geräte im Haus miteinander vernetzt. Über das Tablet oder das Smartphone lassen sich Kühlschrank, Heizung, Radio oder Beleuchtung steuern. Von Zuhause aus oder von unterwegs. Das Gebäude soll clever Strom nutzen und über eine Energie-Messstation genau darüber Auskunft geben.

Auch die Industrie 4.0 bekommt im Forschungszentrum viel Raum. "Wir entwickeln Lösungen für die neue vernetzte Industrie", sagt Fabian. Hinter der Industrie 4.0 steckt die Vision einer intelligenten Fabrik. Werkstücke, Maschinen und Anlagen tauschen über das Internet Daten aus. Sie steuern sich gegenseitig und lösen Aktionen aus. Alle Maschinen "reden" quasi miteinander. Bis die Industrie 4.0 Alltag ist, wird es noch einige Jahre dauern. Die Entwickler müssen die gewaltige Datenflut steuern. Wie werden die Daten am besten analysiert? Was kann man mit ihnen machen? Die Forscher müssen sich dabei die Frage stellen, ob eine vernetzte Produktion über das Internet überhaupt sicher sein kann. Einen Teil der Antworten darauf wird Ladenburg liefern.

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