gesund leben - Was bei Angst-Attacken helfen kann

Sport und Igelball-Massagen gegen Panik

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Bei manchen Menschen schaltet der Körper auf Flucht, auch wenn sie eigentlich nicht bedroht werden - Panikattacken. Die können das Leben ziemlich beeinträchtigen.

Schwitzige Hände, Kloß im Hals, ein drückendes Gefühl in der Brust: Andrea Müller (Name geändert) hat Panikattacken. "Ich kann dann auch nicht mehr klar denken. In der Situation ist dann nur noch Angst, Angst, Angst in meinem Kopf", erzählt sie. "Die Zunge wird dann auch so britzelig, als hätte man etwas Saures gegessen." Und der ganze Körper spannt sich an. Das kann zum Beispiel im Aufzug passieren, in der U-Bahn oder wenn in ihrem Leben große Veränderungen anstehen. Damit ist Müller nicht alleine: Zwei Prozent der Deutschen haben laut Robert Koch-Institut eine Panikstörung.

Dahinter steckt oft die Angst vor Kontrollverlust, erklärt Christa Roth-Sackenheim, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP). "Betroffene haben das Gefühl, hilflos in der Situation eingesperrt zu sein." Ausgelöst werden können Panikattacken etwa, wenn nahestehende Menschen plötzlich sterben, man bei einem Unglück hilflos war - aber auch eigentlich positive Veränderungen wie die Geburt eines Kindes oder eine Heirat. Nur selten haben die Angstanfälle körperliche Ursachen. Bei einer Panikattacke laufen die nicht willentlich steuerbaren Mechanismen des sympathischen Nervensystems, das unter anderem den Körper in Fluchtbereitschaft versetzt, unabhängig von äußeren Umständen ab. Die Folgen können etwa Herzrasen, Schwitzen, Harndrang oder Atemnot sein. Meist dauert eine Panikattacke etwa 20 Minuten.

Andrea Müller hat gelernt, mit den Panikattacken umzugehen. Wenn ein erster Anflug von Angst spürbar wird, versucht sie, dem Gefühl keine Aufmerksamkeit zu schenken. Bei einer Panikattacke geht sie zum Sport oder draußen spazieren. Und sie telefoniert ziemlich viel. "Das Handy ist mein Rettungsanker. Es hilft mir, wenn jemand dabei ist - live oder am Telefon. Das erdet mich, wenn ich nicht klar denken kann."

Auch Kältereize oder die Massage mit dem Igelball helfe manch einem, sagt Roth-Sackenheim. Ein Bestandteil der kognitiven Verhaltenstherapie ist auch die Konfrontation. Das bedeutet, dass Betroffene angstauslösende Situationen gemeinsam mit ihrem Therapeuten durchstehen. Und zwar ohne Hilfsmittel: "Viele trinken Wasser oder hören Musik zur Ablenkung. Das drückt die Angst künstlich runter", erklärt Jens Plag von der Spezialambulanz für Angsterkrankungen an der Berliner Charité.

Förderlich ist auch Sport. Auch das haben Plag und seine Kollegen erforscht. In der Studie ging eine Gruppe von 40 Betroffenen neben der kognitiven Verhaltenstherapie dreimal in der Woche 30 Minuten laufen, die andere Gruppe machte neben der Therapie Dehnungsübungen. "Sechs Monate nach dem Ende der Studie zeigte die Lauf-Gruppe eine geringere Angstsymptomatik", sagt Plag. Es empfehle sich für Betroffene "absolut", Ausdauersport wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen zu betreiben. tmn

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