4wände - TRAUMGARTEN: Grüne Oase in der Mannheimer Gartenstadt

Saison der Farbenspiele

Lesedauer: 

Der Blick reicht bis nach Hessen. Wenige hundert Meter südlich des Käfertaler Walds blüht das farbenfrohe Reich von Doris und Wilhelm Piskator. Doch in diesem pflanzlichen Ensemble gibt es keinen Grund, über die Hecke zu schauen.

Östlich des Marswegs erstrecken sich Feld und Wiesen. Erst am Reiterhof endet die unverbaute Perspektive des Ehepaars, das 2004 in die Gartenstadt gezogen ist. Der Name ist Programm. Auf gut einhundert Quadratmetern haben sich die beiden Naturliebhaber aus Mannheim eine bunte Oase geschaffen, die hier das ganze Jahr über von der Sonne verwöhnt wird. "Für einen Garten muss man ein Auge haben", sagt Wilhelm Piskator, der sich sein eigenes Ross auf die Gartentür gemalt hat. Trotz der klaren Struktur und biologischen Ordnung steckt in vielen Details ein kenntnisreiches Augenzwinkern.

"Es gibt immer was zu Schnippeln", sagt Doris Piskator, die sich hauptsächlich um das duftende Kräuterbeet kümmert. Hier wächst unter vielem anderem Rosmarin, Basilikum und Zitronenmelisse. Und ein roter Paprika, der trotz seiner Schärfe ein vollmundiges Aroma mitbringt. Zwischen Ginkgo, Bambus und verschiedenen Farnen brüllt ein 40 Jahre alter wilder Löwe - allerdings nur als schmucke Skulptur, die im Garten - wie manch anderes Objekt - optische Akzente setzt. Ton, Keramik und Terrakotta bilden einen munteren Materialmix inmitten der unendlichen Grün-Nuancen der Umgebung. "Die Steine haben wir vom Bergwandern mitgebracht", so der Gastgeber, der seinen Garten mit allerlei Fundstücken ausgestattet hat. Ein Kardinal aus Holz hat es sich in einer der Zypressen gemütlich gemacht.

Dennoch: Nichts wirkt überladen oder gesättigt. Das Areal hinter dem Haus präsentiert sich luftig, hell und aufgelockert. Dicht am Teich erkennt man einen eleganten Schwan, der aus einem eigenwillig gewachsenen Kürbis entstanden ist. Der Gastgeber hat nicht nur ein Auge für die Natur - er sieht auch das, was in den Dingen verborgen ist. "Das Gärtnern ist eine Sucht", lacht Piskator, der seine gesunde Abhängigkeit jeden Tag aufs Neue genießt. Der erste Gang geht an den plätschernden Teich zum Fische füttern. Die Kois warten geduldig auf den Mann mit dem grünen Daumen, "Piscator" - der Fischer. Den lateinischen Ursprung seines Namens weiß er zu schätzen. Nicht nur wegen eines weltberühmten Verwandten. Fortsetzung auf Seite 16

Fortsetzung von Seite 15

Der Theaterintendant und Regisseur Erwin Piscator (1893-1966) ist ein Großonkel. Ein Großmeister des politischen Theaters, mit dessen spektakulärer "Räuber"-Inszenierung vom Januar 1957 der Neubau des kriegszerstörten Mannheimer Nationaltheaters eröffnet wurde.

Wilhelm Piskator lebt seine grüne Leidenschaft auch künstlerisch aus. In der oberen Etage des Hauses befindet sich ein kleines Atelier. Hier entstehen zumeist Ölbilder, die Tiere, Pflanzen und Landschaften zeigen. Die Arbeiten reflektieren die präzise Beobachtungsgabe und viel Sinn für ästhetische Qualität, die sich auch im Garten spiegelt, mit dessen Anlage er schon vor dem Einzug angefangen hat. "Da waren die Bauarbeiter noch hier."

Seine Herbstastern sind jetzt verblasst. Die Stauden bringen zu einer Jahreszeit Farbe in den Garten, in der sich die meisten anderen Pflanzen bereits in die Winterruhe verabschiedet haben. Im April werden die Rhododendren blühen. Darauf freut er sich. Piskator liebt das Farbenspiel der Natur, die den Garten immer wieder als neu komponiertes Arrangement erscheinen lassen. Rotahorn, gelber japanischer Ahorn und Blutberberitze sorgen für saftige Farbtöne. Der Hartriegel, auch Hornstrauch genannt, zeigt seine feingliedrigen Blätter mit den auffälligen, parallel verlaufenden Nerven. Bekannte und zum Teil exotische Arten wechseln sich ab und machen diesen Garten zu einer Fundgrube für interessierte Botaniker.

"Am schönsten ist es von März bis Mai", sagt Doris Piskator. Wenn die Natur erwacht und ihre mannigfaltigen Spielarten zeigt, erstrahlt auch der Garten in seiner maximalen Pracht. Dann rückt die Liege immer näher an den Teich, der regelrecht von einer Miniaturlandschaft umgeben ist. Hochgräser, Seerosen, Moose und Flechten leuchten vor Bäumen und Sträuchern, die gleichermaßen üppige Kulisse wie auch einen idealen Sichtschutz bieten. Wenngleich es auf dem Feldweg hinter der Gartentüre, wo einem die Trauben beinahe in den Mund fallen, eher ruhig und beschaulich zugeht.

Piskator ist gelernter Spengler und Installateur. Bis zu seiner Pensionierung hat er, fast um die Ecke, im Mercedes-Benz-Werk in der Kontrolle gearbeitet. Der Garten ist sein Hobby. Am Ortsrand hat er sich ein kleines, aber idyllisches Reich geschaffen. Ein lebendiges Gemälde aus Kontrasten und Harmonien, das sich organisch um den gepflegten Rasen schmiegt. Rechte Winkel beschränken sich auf die kleine Gartenhütte neben dem Feigenbaum, an der ein Insektenhotel auch den tierischen Besuchern Zuflucht bietet. Das Regenwasser wird in einem Tank gesammelt und zum Gießen verwendet. "Wir sind täglich im Garten, fast das ganze Jahr über", so das Ehepaar, das in seinem Refugium die Stille und Schönheit genießt. Am liebsten, wenn eine Libelle über dem Wasser steht und ein Frosch dies quakend kommentiert. "Jede Pflanzenart lockt bestimmte Tiere an", so der Pflanzenfreund.

Abends ist der Garten sanft beleuchtet. Die Steine am Teich werden farbig angestrahlt und lassen die Anlage in einem gänzlich neuen Licht erscheinen. Eine kugelförmig geschnittene Zypresse ist ein Blickfang - wie eine Skulptur steht sie auf dem Rasen und bringt einen Hauch von Japangarten auf die Anlage. Im Frühsommer strahlt das Schleierkraut, das als Bodendecker wächst, in wunderbaren Violett- und Pinknuancen. Auch das Bärenfellgras (Blauschwingel) mit seinen eleganten blaugrünen Blättern gedeiht hier wunderbar. Zwischen Lorbeer, Geranien und Farnkraut entdeckt man immergrüne Skimmien, die mit ihren roten Blütenknospen auch im Herbst und Winter für attraktive Farbtupfer sorgen. "Das ist ein kleines Paradies", freuen sich die Piskators schon auf den nahen Frühling. Wenn ihr grünes Reich sein ganzes Potenzial ausspielen kann. Hundert Quadratmeter Traumlage. Die Saison der Farbenspiele steht unmittelbar bevor. Mit VIP-Plätzen für die Bewohner.

Mehr zum Thema

Geselligkeit Künstlerverein bereichert Bürstädter Parkfest

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Copyright © 2024 Mannheimer Morgen