Bürgerhaus Große Blamage für die Stadtverordneten

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Die Stadtverordnetenversammlung hat mit einer Stimme Mehrheit bei mehreren Enthaltungen beschlossen, die Sanierung des Bürgerhauses auf Eis zu legen, obwohl sie 2014 noch mit großer Mehrheit dafür gestimmt hatte.

Die Begründung: Die Stadt kann die Sanierung gegenwärtig nicht finanzieren.

Das sieht so weit ganz vernünftig aus. Aber was ist vorausgegangen?

1. Mit viel Aufwand für Planungen (deutlich über 100 000 Euro) hat die Stadtverwaltung ihren Bürgern ein ehrgeiziges Projekt zur Innenstadtsanierung vorgestellt. Dessen Kernpunkt war, ein neues Bürgerhaus zu errichten, weil das alte kaum noch verwendungsfähig sei. Hinter diesem Projekt standen die Koalition von CDU und Grüner Liste sowie die Mehrheit der Steuerungsgruppe, Vertreter der Opposition eingeschlossen.

2. Das Projekt wurde mit großer Mehrheit - wenn auch, ohne das gesetzliche Quorum zu erreichen - in einem Bürgerbegehren abgelehnt.

3. Der neu gewählte Bürgermeister sah sich außerstande, sich einem so deutlich ausgesprochenen Bürgerwillen zu widersetzen, und erhielt dafür die Zustimmung der Stadtverordneten. Jetzt aber soll alles an mangelndem Geld scheitern.

Weshalb fehlt das Geld? Die Stadtverordnetenversammlung hat in ungewohnter Einmütigkeit beschlossen, den Hessentag 2014 in Bensheim auszurichten.

Es ist bekannt, dass er der ausrichtenden Stadt - jenseits von Bilanzierungskunststücken - regelmäßig große Verluste einbringt. Wegen der großen Werbewirksamkeit hat man sich aber trotzdem dafür entschlossen. Was bedeutet: Man hat für ein einmaliges Ereignis auf die Sanierung des Bürgerhauses verzichtet.

Beispiel Hochstädten

Das Bürgerhaus ist der Ort, wo sich die Bürgerschaft im öffentlichen Raum versammeln kann. Wir haben am Beispiel Hochstädten gesehen, welche Bedeutung ein solches Haus für die Bürgerschaft hat. Alle anderen Stadtteile Bensheims haben ein Bürgerhaus, und die Gesamtstadt soll ohne auskommen?

Aber nein doch! Plötzlich ist das bestehende Gebäude wieder verwendungsfähig geworden, und zwar für genau so lange, bis die Stadt günstigere Finanzierungsbedingungen vorfindet.

In einer Zeit, wo SAP noch Steuern zahlt, wo die Energie günstig ist, wo langfristige Kredite so billig zu haben sind wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik, will man das Bürgerhaus verfallen lassen und auf bessere Zeiten warten.

Der Hessentag ist vorbei. Das CO2, das der umfassende Individualverkehr verursacht hat, ist unterwegs in der Atmosphäre, um den Treibhauseffekt zu verstärken. Die Bäume, die in 30, 40 Jahren vielleicht einmal so groß sein werden, dass sie das ausgestoßene Kohlendioxid aufnehmen könnten, können es nicht mehr zurückholen.

Ganz abgesehen davon, dass die Stadt mit dem Pflanzen junger Bäumchen nicht nachkommt, um die ausgewachsenen Bäume, die ständig gefällt werden, zu ersetzen.

Tragfähiges Konzept entwickeln

Die Verantwortung dafür übernimmt niemand. Die bunt zusammengewürfelte Mehrheit, die den Beschluss zur Aufschiebung des Sanierungsbeschlusses gefasst hat, jedenfalls nicht. Ein konstruktiver Plan ist nicht erkennbar - schon gar nicht einer, auf den sich diese einmalige Mehrheit einigen und den sie zielstrebig umsetzen könnte.

Die Stadtverordnetenversammlung hat sich trefflich blamiert. Jetzt gilt es, unter Einbeziehung der Bürgerinitiative ein tragfähiges Konzept zu entwickeln.

Walter Böhme

Bensheim

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