Nahost-Konflikt Kaum Chancen auf einen schnellen Frieden

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In den Medien wird ausführlich über den Krieg im Gazastreifen und über die Probleme seiner Beilegung berichtet. Uns erschüttert, dass dort Frauen und Kinder getötet werden, die zwischen die Fronten des israelischen Militärs und der Hamas geraten. Und warum ist es so schwierig, Palästina zu befrieden?

Bei unserer Beurteilung der Handlungen auf beiden Seiten müssen wir endlich der Tatsache ins Auge sehen, dass unsere westliche Weltsicht, die auf demokratisch-freiheitlichen Prinzipien beruht, auf andere Kulturen leider nicht angewendet werden kann, obwohl wir es uns wünschen würden.

Europäische Ideale

Zwar haben die Bewohner Israels - vor allem bedingt durch ihre Herkunft - vieles aus den europäischen Idealen, wie zum Beispiel demokratische Grundordnungen und die Religionsfreiheit, übernommen und handeln auch danach.

Anders ein Hamas-Anhänger im Gazastreifen. Er fühlt sich von dem übermächtigen Staat Israel seiner angestammten Heimat beraubt, übervorteilt und bedroht. Nach seinem Glauben darf er sich jetzt im Heiligen Krieg wehren, und er schießt Raketen auf Israel ab, weil er sonst wenig andere Möglichkeiten besitzt. Dass er dabei andere Menschen gefährdet oder tötet, ist ihm gleichgültig. Wer soll ihm vermitteln, dass er nach unserem Rechtsempfinden Unrecht tut?

Die gleiche Problematik gibt es auch im Irak und Nordsyrien mit der IS (Islamischer Staat), die ebenfalls nach ihrem Glauben handelt. Ihrer Meinung nach sind sie deshalb keine Terroristen, sondern sunnitische Gotteskrieger, denen es erlaubt ist, Ungläubige zu verfolgen und auch zu töten.

Machtvakuum geschaffen

Der Westen hat weiterhin alles getan, die Garanten einer Stabilität in der Region - bis auf Assad in Syrien, Hassan Rohani im Iran und die absoluten Herrscher auf der Arabischen Halbinsel - zu stürzen. Sie haben ein Machtvakuum geschaffen, das neu ernannte Despoten ausfüllen wollen. Es scheint, als brauche der Nahe Osten weltliche oder religiöse Despoten. Eine Demokratie nach westlichem Muster ist dort zurzeit leider eine Utopie.

Einen Frieden wird es nur geben, wenn es gelingt, die machtpolitischen und kulturellen Voraussetzungen zu ändern, die militärische Lösungen überflüssig machen. Ob eine schnelle politische Friedensregelung mit Hamas und IS gelingen kann, wage ich daher zu bezweifeln.

Siegfried Eschborn

Bensheim

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Kommentar von
Jan Dörner
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