Drohende Schließung Kritischer Blick auf Aufsichtsbehörden der Odenwaldschule

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Als Vater eines Internatsschülers der Odenwaldschule habe ich die Abläufe des vergangenen Jahres intern kritisch begleitet. Mit beruflichen Vorerfahrungen in der Heimaufsicht eines westdeutschen Landesjugendamtes bewerte ich insbesondere die Tätigkeit der Aufsichtsbehörden Jugendhilfe - Landkreis Bergstraße, Sozialministerium Hessen - äußerst kritisch.

Dabei will ich nicht verkennen, dass die Odenwaldschule wie auch der im September 2014 installierte Runde Tisch mit der Situation nicht optimal umgegangen sind. Da die Kritik an der Odenwalschule allseits bekannt ist, will ich nachfolgend die Tätigkeit der Heimaufsicht kritisch beleuchten:

Zusammenfassung: Die Heimaufsicht hat mindestens seit April 2014 nahezu durchgängig die rechtlichen Bestimmungen des Jugendhilferechts zum Nachteil der Odenwaldschule missachtet und ist ihrer Verpflichtung, vorrangig durch Beratung des Trägers der Jugendhilfe eine Internatsschließung zu vermeiden, nicht nachgekommen. Vielmehr muss geschlossen werden, dass die Aufsichtsbehörden eine Schließung der Odenwaldschule zumindest billigend in Kauf genommen haben. Die Odenwaldschule selbst hat ihre Möglichkeiten, sich gegen die Rechtsverletzungen zu wehren, nicht wahrgenommen, da sie ohnehin in der Öffentlichkeit "am Pranger" stand und auf eine rechtsferne Strategie des wohlwollenden Aushandelns gesetzt hatte.

Hier gab es zudem spätestens mit der Gründung des Runden Tischs zudem eine Koalition von Elternvertretern, Landkreis Bergstraße (Kreisbeigeordneter Schimpf) sowie Glasbrechen e. V. gegen den Trägerverein und dessen Vorstand, so dass diesem ein Vorgehen auf der Basis geltenden Jugendhilferechts nicht mehr möglich war. Nachfolgend will ich mich auf einige Beispiele beschränken.

Vorwurf über die Medien erfolgt

1. Unmittelbar zu Beginn der aktuellen Krise - Kinderpornografievorwürfe gegen einen Lehrer - wurden der Odenwaldschule sogenannte Meldeversäumnisse vorgeworfen. Dieser Vorwurf erfolgte über die Medien, ohne dass in dem vom Jugendhilferecht vorgeschriebenen Verfahren das Fehlverhalten der Odenwaldschule festgestellt wurde.

Meldeversäumnisse sind in der Jugendhilfe eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld belegt werden kann. Lediglich ergänzend sind Auflagen möglich. Weder wurde das erforderliche Verfahren durchgeführt noch ein Bußgeldbescheid erlassen.

2. Aufgrund einer internen Mitteilung der Odenwaldschule an den Landkreis als Aufsichtsbehörde hat Landrat Wilkes unmittelbar danach die Medien darüber informiert, dass ein an der Odenwaldschule tätiger Arzt sexuell übergriffig geworden sei. Auf der Grundlage der ihm zur Kenntnis gelangten Tatsachen sah sich der Landrat in der Notwendigkeit, unmittelbare Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu ergreifen.

In einem solchen Fall sieht das Recht der Jugendhilfe vor, dass die Aufsichtsbehörde der OSO die Tätigkeitsuntersagung der Person verfügen kann, von der die Gefahr für das Kindeswohl ausgeht. (SGB VIII, § 48, Tätigkeitsuntersagung). Statt nun genau das zu tun, geschieht auf der fachlichen Ebene nichts. Stattdessen informiert der Behördenleiter die Medien - ein Verfahren, welches das Gesetz nicht kennt. Allerdings hat dieses Verfahren für die Reputation der Odenwaldschule eine massiv schädigende Wirkung.

3. Die Reputationsschädigung durch die Aufsichtsbehörden mündete im August 2014 in die Ankündigung, man werde die Betriebserlaubnis der OSO befristen. Das Jugendhilferecht kennt eine solche Befristung nicht. Die öffentliche Ankündigung - auch hier wurde sie nicht vollzogen und blieb ohne ordentliches Verwaltungsverfahren - ist nichts anderes als behördliche Willkür: Die Heimaufsicht handelt nach Gutdünken. Die angegriffene Betriebserlaubnis nahm der Odenwaldschule in der Folge jede Chance, neue Schüler zu werben. Die weitere Ankündigung, man wolle eine Befristung auch für die neue Trägerstruktur in Erwägung ziehen, nahm auch die neue GmbH/Stiftungsorganisation faktisch vom Bildungsmarkt, bevor sie dort auftreten konnte.

Keine Rechtsgrundlage

4. Durch ausbleibende Schüler wurde die wirtschaftliche Lage nun zum Schließungsgrund. Die letzte Forderung, die Odenwaldschule habe eine Finanzierung von zwei Jahren nachzuweisen, hat ebenfalls keine rechtlichen Grundlagen. Kein Internat, keine Privatschule in Deutschland muss einen solchen Nachweis erbringen.

5. Nochmals, die Odenwaldschule hat Fehler gemacht - aber die Aufsichtsbehörde der Heimaufsicht hat diese Fehler benutzt für ihre rechtswidrigen Angriffe. Sie war dabei geschützt durch die öffentliche Meinung.

Dass ein Lehrer Kinderpornografie konsumiert, passiert auch an anderen Schulen. Die Odenwaldschule ist die erste und einzige Schule, die deshalb geschlossen wird. Dass dies Lebensentwürfe von derzeitigen Schülern der Odenwaldschule trifft, müssen diese offenbar als Kollateralschaden hinnehmen.

6. Etwas seltsam mutet die Presseerklärung der OSO zu ihrer Schließung an. Jegliche Kritik wird von den Aufsichtsbehörden genommen. Dies mutet wie die letzte Erklärung eines zum Tode Verurteilten an, der seine Schuld allumfänglich anerkennt und dem Henker bestätigt, ein freundlicher Mensch zu sein.

Alfons Kleine Möllhoff

San Zeno die Montagna

Italien