Sonnenfinsternis 1999 Sofi-Brillen in den Müll geworfen

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Im Jahr 1938 wurde ich in den Handwerksbetrieb eines Augenoptikermeisters hineingeboren, ich besuchte die Schwetzinger Volksschule (Hilda-Schule) und das Schwetzinger Gymnasium (Hebel-Gymnasium). Etwa im Jahre 1954 erklärte unsere damaliger Physiklehrer, der Studienprofessor Paul Schilling, was eine Sonnenfinsternis ist, und wie man sich bezüglich der Betrachtung einer Sonnenfinsternis verhalten soll.

Tatsächlich fand 1954 eine Sonnenfinsternis statt, zu einer Tageszeit, in welcher unterrichtet wurde. Ich hatte nichts von der partiellen Sonnenfinsternis. Als Sonnenlichtstrahlenschutz hatte der Physiklehrer stark rußgeschwärzte Glasscheiben oder Schweißergläser empfohlen und dazu geraten, nur sekundenweise die Sonnenfinsternis durch die "Lichtschutzscheiben" zu betrachten. Damals verkauften die Augenoptiker noch Steinschlagbrillen, Motorradbrillen und Schweißerbrillen. Ersatzschweißerbrillengläser hatten die Augenoptiker in Massen auf Lager, Durchmesser 50 Millimeter, aus in der Masse gefärbtem Flachglas geschnitten, die Kanten nicht gebrochen. Verpackt zu 50 Stück in Papier gerollt - ähnlich dem Münzgeld von damals und heute.

Nach der Sonnenfinsternis war von Augenschäden nichts in den Zeitungen zu lesen; entweder die Leute hatten arbeitsplatzbedingt nicht "frei" und die Jugendlichen beherzigten die Ratschläge ihrer Eltern und Lehrer.

Die Sonnenfinsternis von 1999 war im Gegensatz zur diesjährigen Sonnenfinsternis in der Logistik hervorragend vorbereitet. Die Industrie und die Manufakturen fertigten schon lange vor der Sonnenfinsternis geeignete primitive Schutzbrillen, den Augenoptikern wurden Bestellformulare zeitlich so zugesandt, dass sich die Augenoptiker damit eindecken konnten. Doch es hat sich gezeigt, dass die auch von meinem Augenoptikerbetrieb (Optik Lenk KG) rechtzeitig georderten Sonnenfinsternisschutzbrillen nicht ausreichten, so dass nachbestellt und per Express zu liefern war.

Als das Spektakel vorüber war, hatten wir noch unzählige Sonnenfinsternisschutzbrillen "herumliegen", die wir schließlich über die Müllabfuhr entsorgten. Wir und die anderen Augenoptiker wussten damals nicht, dass 2015 wieder eine Sonnenfinsternis über Deutschland zu sehen sein wird. Wie zu Anfang erwähnt, die Augenoptiker und die Manufakturen waren meines Erachtens seitens der Astronomen - nicht zu verwechseln mit den Astrologen - über den Zeitpunkt der diesjährigen Sonnenfinsternis nicht ausreichend informiert worden.

Rudolf Lenk, Schönau

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