Weihnachten - Die Dinge, die man nicht kaufen kann - vor allem Zeit mit den Liebsten Aller Besitz ist nur Lehen . . .

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Schon seit Ende August werden wir in den Verkaufsregalen auf den größten Hype des Jahres eingestimmt. Wenn das dann kein geiles Fest wird, dann weiß ich auch nicht. Na was wohl? Weihnachten natürlich. Schrill und aufdringlich brüllt einem doch fast überall der Slogan "Geile Weihnachten" entgegen.

Geil - also jenes schweißfrei schamlose Wort, mit dem die frühpubertären Kinder der 80er Jahre Eltern, Lehrer und andere Autoritäten schockieren wollten. Die Kinder von damals haben das zum Geräusch reduzierte Wörtchen offenkundig in ihren Beruf als Kreativmanager deutscher Werbeagenturen mitgenommen.

Ähnliche durchgeknallte Typen scheinen auch in manchen TV-Anstalten zu sitzen. Da werden an Heiligabend unterirdische Horrorschocker wie "Tödliche Weihnachten" oder "Santa Slay (= Schlächter) - Blutige Weihnachten" angepriesen. Dagegen ist Bruce Willis mit seinem "Stirb langsam"-Reißer, der am selben Abend läuft, ja geradezu Kinderkram und passt eher zu Ostern. Also jenem Fest, wo in speziellen Berliner Szenenkneipen unter dem Motto "Hängt ihn höher" sogenannte Abhängpartys gefeiert werden.

Während ich darüber sinniere, wie krank das alles ist, nehme ich um mich herum den überbordenden Kommerz wahr. Weihnachten, das Fest der Liebe, gleicht immer mehr dem sprichwörtlichen Tanz um das Goldene Kalb. Hauptsache der Rubel rollt und der Geiz ist noch geiler als er eh schon ist. Von Besinnung keine Spur. Mit Aggressivität und Hektik bis zur Besinnungslosigkeit hetzen die Menschen mit ihren verzerrten Gesichtern durch die bunten Gassen. Und ich frage mich: Wie viel ist in dieser verrückten Welt eigentlich genug?

Ich erinnere mich an meine Kindheit, als man - trotz aller Betriebsamkeit - gerade um Weihnachten war wie eine geheimnisvolle Wärme zu spüren, die aus dem Innern der Menschen heraus Zeit und Raum erfüllte. Es herrschte nicht annähernd so ein Wohlstand wie heute und trotzdem waren die Menschen - auch ohne Internet und oft noch ohne Telefon - näher beieinander.

Den meisten war auch bewusst, dass an Weihnachten eigentlich symbolisch ein Geburtstag gefeiert wird. Eben von jenem Kind, welches uns später, als die Zeit erfüllt war, mit einfachen aber beeindruckenden Worten versuchte klar zu machen, was wirklich wichtig ist: Dinge, die man für Geld nicht kaufen kann. Seneca, römischer Philosoph und ein Zeitgenosse von Jesus formulierte es so: "Aller Besitz ist nur Lehen, allein die Zeit ist unser."

Herbert Semsch, Brühl

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