Montreux-Abriss - Nach der Wahl hat man nur noch zwei Stadträte hier gesehen / Da geht wieder ein Stück Heimatkultur verloren Bagger begleiten die letzten Tage

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Smoke on the Water - es bietet sich schon ein bitteres Bild. Rechtzeitig zur Herbstmelancholie lassen Bagger und Bauzäune den zahlreichen Gästen, die die letzten Sonnenstrahlen am Sonntag nach einem Waldspaziergang mit ihrem Hund genießen wollen, keinen Zweifel daran, dass in Schwetzingen ein neues Kapitel Kahlschlag und Kälte statt Originalität und Tradition aufgeschlagen wurde.

Peter Solert ist müde: Monatelange Auseinandersetzungen mit dem Verein DJK Schwetzingen und der Stadtverwaltung liegen hinter ihm. Immer wieder keimten Hoffnungen auf und wurden Versprechungen gemacht, dass doch noch eine Lösung in seinem Sinne gefunden werden könnte. Teilweise konnte ich gar nicht alle Einzelheiten glauben, die sich bei den Verhandlungen abgespielt haben, aber Fair Play geht anders. So geht man nicht mit einem 64-Jährigen um, dessen Existenzgrundlage ihm unter den Füßen weggerissen wird. Peter Solert will jetzt einfach seinen Frieden, seine Sachen in Ruhe zusammen räumen und ein neues Projekt anstreben, das vom Konzept her natürlich dem alten "Musikcafé Montreux" entspricht.

Hoffentlich geht der Stadt da nicht ein Stück Heimatkultur verloren, wenn er woanders eine neue Stätte finden sollte. Meine persönliche Kritik darf ich aber noch loswerden: Die Stadträte haben mal wieder das Vorurteil des berechnenden Machtpolitikers erfüllt. Vor der Wahl gaben sie sich noch die Türklinke in die Hand und nach der Wahl konnte man lediglich Herrn Rupp (SWF) und Frau Rempp (FW) manchmal am DJK-Sportgelände antreffen. Auch vom Sportverein selbst bin ich enttäuscht. Allein die Vorgänge, die Herr Gruler in seiner Kolumne vom 7. Oktober dargestellt hat, scheinen typisch für den Umgang mit dem Pächter und haben gar nichts mehr zu tun mit dem einstigen jugendoffenen, christlichen und kulturoffenen Verein der früheren Jahre. Auch Dietmar Hopp hat eine Chance vertan. Es wäre eine wunderbare Gelegenheit gewesen, etwas gegen sein Negativ-Image zu tun, wenn er sich hier in die richtige Richtung orientiert hätte und diesen Interessenkonflikt in seine Planungen mit einbezogen hätte.

Es wären mit Sicherheit einige Pfiffe weniger im Stadion gewesen, die ihm so wehtun. Der Song "Smoke on the Water" erlebt seine Schwetzinger Version. Man muss immer daran denken, dass die Brandkatastrophe des Feuers in Montreux, wo auch Musiktempel zerstört wurden, zu einem besonders kreativen Ergebnis führte. Man merkte der Musik die Kraft und die Wahrhaftigkeit der Erlebnisse an und Dr. Pöltl sollte in Zukunft jedes Mal, wenn er effektvoll zur Gitarre greift, um dieses Lied anzustimmen, daran denken, dass "Smoke on the Water" das Gegenteil von glatt gebügeltem, kommerziellen Mainstream ist.

Wenn sich der Pulverdampf dieser Geschichte, der Rauch über dem Wasser, verzogen hat, wird Peter Solert mit neuer Kreativität und Inspiration wieder Musikern und Künstlern aller Altersgruppen Gelegenheiten schaffen, ohne Kommerz Auftritte zu machen. Wir Stammgäste danken für die schönen Jahre. Frithjof Roes-Wies, Schwetzingen

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