Infrastrukturabgabe - Die Maut-Erfassung sorgt für enorme Kosten bei einem relativ geringen Effekt Bürokratisches Monster

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Nach den Vorstellungen Horst Seehofers soll Verkehrsminister Dobrindt dafür sorgen, dass ausländische Autobahn-Benutzer ab 2016 eine Infrastrukturabgabe namens "Maut" zahlen müssen. Die einfachste, bekannte und bewährte Methode für so was heißt "Pickerl", die Klebe-Vignette. Kontrollen per Stichproben durch die verschiedenen Ordnungshüter sollten genügen - Vergleiche TÜV-Plakette!

Im November haben wir erfahren, dass es für die ausländischen Autofahrer ein modernes Verfahren namens "elektronische Vignette" geben soll. Vor Autobahn-Benutzung zahlen Ausländer per Internet oder an Tankstellen eine gestaffelte Gebühr, die ihnen auf einem persönlichen Maut-Konto gutgeschrieben wird, mit Kameras ausgestattete Kontrollpunkte fotografieren ständig den fließenden Verkehr und senden jedes Pkw-Nummernschild an eine Zentrale, die einen Abgleich mit den Mautkonten vornimmt.

Ist das zum Nummernschild gehörige Konto ausreichend gefüllt, so wird der Vorgang sofort gelöscht (Fall 1). Fehlt ein Konto oder ist ein solches nicht genügend voll, so erfolgt die Weitergabe an eine Bußgeldstelle (Fall 0). Um Befürchtungen zu begegnen, wird vom Hause Dobrindt stets betont, dass die deutschen Autofahrer von der Seehofer-Maut nicht betroffen sein werden, weil die Koalitionsvereinbarung das verbietet. Für Verwirrung sorgt jedoch die Zusatzbemerkung, dass es für die Inländer auch eine Maut geben soll, die sie aber finanziell nicht belaste. Wir sollen eine Vignette ausgestellt bekommen mit Zahlungsverpflichtung und Rückzahlungszusage über die nächste Kfz-Steuerrechnung. Da drängt sich doch die Frage auf, weshalb die deutschen Autofahrer durch eine Pro-forma-Maut mit finanziellem Kreisverkehr an die Ausländermaut angekoppelt werden sollen. Nach mehrstündigem Nach- und Durchdenken gelange ich zu folgender Antwort:

Die Autobahn-Kontrollpunkte senden unablässig Kennzeichen an den Kontrollcomputer, der blitzschnell 1 oder 0 entscheidet. Da die Seehofer-Maut (zurzeit) nur die Ausländer abkassieren soll, müsste der Computer zwischen In- und Ausländern unterscheiden können, was aber leider nicht möglich ist. Es gibt nämlich ausländische Kennzeichen, welche die gleiche Anordnung von Buchstaben und Zahlen aufweisen, wie die deutschen. Das gilt ausgerechnet für unsere häufigsten Besucher, die Niederländer, die der Computer wie die Deutschen ohne 0/1-Prüfung durchgehen lassen würde.

In dieser Notlage kam die Dobrindt-Mannschaft auf die Idee mit der "Vignette für alle - Geld zurück". Wenn grundsätzlich alle Deutschen ein volles Maut-Konto haben, dann lässt sie der Computer so wie alle pflichtbewussten Ausländer mit 1 passieren. Man möge nun besonders beachten: Für Zig-Millionen deutsche Autofahrer will man eine hochbürokratische spezielle Vignetten-Prozedur nur zu dem Zweck organisieren, von den wenigen Prozent ausländischer Benutzer einen Beitrag zur Infrastruktur-Sanierung zu kassieren. Das ganze technisch-administrative Monstrum soll 340 Millionen Euro Investitions- und rund 200 Millionen Euro jährliche Betriebskosten verursachen und das für einen relativ geringen verkehrspolitischen Effekt! "Hier wendet sich der Gast mit Grausen ab" (Friedrich von Schiller).

Sollte der Seehofer-/Dobrindt-Plan an der EU scheitern, so wirft es ein ganz schlechtes Licht auf hochrangige Politiker, dass sie solch einen überdimensionalen Unsinn überhaupt in Betracht gezogen haben.

Dr. Felix Conrad, Hockenheim