Energiepolitik - Atomstrom ist weder billig noch sinnvoll Die wunderbare neue Welt

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Schaut man zurzeit nach Brüssel und verfolgt, was aus der Ecke unseres Energiekommissars Oettinger kommt, reibt man sich verwundert die Augen und fühlt sich in die Zeiten alter Science-Fiction-Filme versetzt, getreu dem Motto: "Das Imperium schlägt zurück!" Da werden blühende Energielandschaften propagiert, die auf dutzenden neuen Kernkraftwerken basieren sollen. Als seien alle damit verbundenen Probleme gelöst, als gebe es plötzlich Uranlagerstätten, die wieder mehr als ein Prozent Uran enthalten, und als sei Kernkraft billig.

Billig? Natürlich, das versuchen die entsprechenden Unterstützer und Lobbyisten seit Jahrzehnten all jenen klarzumachen, denen das Wort Folgekosten nicht bekannt ist und die nicht wissen, dass in Deutschland seit unserem früheren "Atomminister" Franz Josef Strauss im Wesentlichen der Steuerzahler für diese Folgekosten aufzukommen hat. Schließlich ist die Kernkraft nationales Interesse und der Stromkunde merkt davon nichts, weil sich diese ganzen Milliarden nicht direkt im Strompreis äußern, sondern mit den Steuern eingezogen werden. So jetzt auch in Großbritannien, wo gerade zwei neue Kernreaktoren gebaut werden sollen. Kosten laut Planung 19 Milliarden Euro. Damit ist bereits jetzt klar, dass die Reaktoren in ihrer Laufzeit nie wirtschaftlich arbeiten werden. Die britische Regierung hat deshalb umfangreiche Unterstützung zugesagt und einen überhöhten Abnahmepreis für den dort produzierten Strom festgelegt - die Differenz zum Marktpreis wird vom Steuerzahler bezahlt. Das wird teuer. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat ausgerechnet, dass der dort gewonnene Strom um 70 Prozent teurer sein wird, als der zum Beispiel mit deutschen Windanlagen erzeugte - vorausgesetzt, die geplanten Baukosten werden nicht überschritten. Leider wird aber offenbar nicht nur die Informations- sondern auch die Planungspolitik von Kernkraftwerksbetreibern und -herstellern derzeit von Hasardeuren bestimmt. So wurden für den neuen Druckwasserreaktor in Finnland im Jahr 2005 Kosten von 3 Milliarden Euro (schlüsselfertig) angegeben und mit dem Bau begonnen. 2009 waren es dann schon 5,5 Milliarden, in 2013 nannte der Hersteller dann einen Preis von 8,5 Milliarden Euro. Das Kraftwerk soll 2016 fertiggestellt werden - da ist also noch Luft nach oben. Auch dieser Reaktor wird sich niemals rechnen.

Also: Augen reiben und sich weiter fragen, welchen Bären man uns als Nächstes aufbinden möchte. Mit dieser rückwärtsgewandten, von Lobbyisten getriebenen Energiepolitik kommen wir jedenfalls nicht weiter. Spätestens in der Generation unserer Kinder und Kindeskinder werden Öl und Gas zu teuer zum Verbrennen sein. Die Kernfusion wird, falls es sie überhaupt jemals geben wird, noch teurer als die Kernspaltung, und den installierten Kernreaktoren wird bereits in 20 Jahren langsam das Uran knapp. Also: Schnelle Brüter wie beim Generation-IV-Reaktor? Das will keiner. Wir werden bereits mittelfristig nicht um unsere Erneuerbaren - mit all ihren Herausforderungen - herumkommen. Und langfristig sowieso nicht. Maximilian Fichtner, Oftersheim

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