Sparkassen-Neubau - Die größte Bausünde der Nachkriegszeit / Kritik an der Größe Ein Fremdkörper - aber innen ganz schön

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Zum in der SZ erschienenen Artikel: "Ein klares Bekenntnis zur Stadt" regt sich in mir doch einiger Widerspruch: Laut OB Dr. Pöltl würde "die Kubatur des Gebäudes historische Vorbilder aufnehmen und die Umgebung respektieren". Dies kann ich so nicht erkennen. Durch die alles ringsum erschlagende Dominanz werden die historischen Nachbargebäude erheblich abgewertet, ja sogar teilweise verdeckt. Wenn Dr. Pöltl von "Sensibilität" spricht und an Bausünden der 70er, 80er erinnert, dann verschließt er wohl die Augen vor der größten Bausünde der Nachkriegszeit!

Ganz nach dem Text des Büros Roth-Fischer, April 2012: "Wir beseitigen hier eine Bausünde aus der Vergangenheit, die sich gar nicht in die Umgebung eingefügt hat." Durch die jetzige Ansammlung von baulichen Fremdkörpern um die Kleinen Planken (Kartoffelkiste, Lutherhaus) passt diese Renditefabrik doch in die Denkweise der notorischen Befürworter. Wieder einmal musste unser OB ein umstrittenes Objekt den Bürgern als Erfolg verkaufen. Statt der 2012 angekündigten "Gauben & Türmchen" wurden uns, frei nach Till Eulenspiegel, "Eulen & Affen" angedreht.

Das Signal für Hauseigentümer oder Bauherren in der "Kernstadt" ist fatal: Als "Sonderfunktionsgebäude" müsse sich die Sparkasse an keine Gestaltungsrichtlinien halten und sei vom Geltungsbereich ausgenommen. Hiermit wurden alle mühsam ausgearbeiteten Grundlagen der Gestaltungsfibel elegant ausgehebelt und indirekt für Makulatur erklärt. - Danke, liebe Sparkasse!

Um dem Dilemma doch noch etwas Gutes abzugewinnen, muss ich der Aussage OB Pöltls "die Sparkassenfiliale sieht klasse aus" doch Recht geben, auch wenn es nur die Innengestaltung betrifft. Die Räume sind hell, ansprechend gestylt und modern (im Gegensatz zum Straßenbild). Schön, dass es wieder ein Café, fast an gleicher Stelle des Cafés Keßler meiner Großeltern, gibt.

Schade aber, dass man durch die massive Flächenversiegelung keine Bäume mehr vor dem Neubau zulässt, die die brutale Architektur etwas abgemildert hätten. Zuerst hieß es: Bäume stören die "barocke Fassade"! Aber jetzt war der Schuldige schnell ausgemacht: Die bösen Karnevalisten sind verantwortlich, so ein Mitarbeiter der Stadt, die Gasse für den Fasnachtsumzug würde zu eng! Wer hat jetzt recht?

Wie auch immer - an diesen überdimensionierten Klotz werde ich mich wohl nie gewöhnen. Da trinke ich lieber eine Tasse Kaffee im Café Utz - drinnen - dann muss ich das Elend nicht von außen anschauen.

Martin Keßler, Schwetzingen

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