Kernkraft - Brennelementesteuer mit "G'schmäckle" / Finanzminister Schäuble weiß doch, dass die Grundlage fehlt Ein wahrer Schurkenstreich

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Klatsche für die Atomlobby - so möchte man die hämischen Kommentare zur Abweisung der Klage deutscher AKW-Betreiber wegen Rückzahlung der seit 2011 gezahlten Kernbrennstoffsteuer durch den Europäischen Gerichtshof charakterisieren. Im schlimmsten Falle werden EnBW, Eon und die anderen voller Schadenfreude mit der unsinnigen Behauptung verhöhnt, es sei nur gut und billig, dass "die Atomlobbyisten" für die Atommüll-Entsorgung zahlen müssten.

In Anerkennung der hervorragenden Leistung unserer KKW beschloss der Bundestag im Oktober 2010 eine Verlängerung der geplanten AKW-Laufzeiten je nach Alter um 8 bis 14 Jahre und verlangte gleichzeitig quasi als kleine Gegenleistung eine Steuer auf den eingesetzten Kernbrennstoff, die sogenannte Brennelementesteuer.

Das Unglück von Fukushima im März 2011 bewog unsere Regierung, die sieben ältesten Reaktoren vorsorglich für zunächst drei Monate abzuschalten und die Laufzeitverlängerung entsprechend ruhen zu lassen (Moratorium). Drei Monate später beschloss man in einer Art Panikreaktion die endgültige Stilllegung der sieben "Moratoriumsmeiler" und das Auslaufen unserer restlichen neun AKW bis 2022 (Energiewende). Dadurch wurde die teilweise bis 2035 reichende Laufzeitverlängerung hinfällig.

Demgemäß hätte die Brennstoffsteuer entfallen müssen, denn sie war ja gewissermaßen als Preis für die wirtschaftlich günstige Perspektive vereinbart worden, die sich den Betreibern durch die Laufzeitverlängerung eröffnete. Doch die Betreiber müssen nun "Atomsteuer" zahlen, obwohl die restlichen AKW durch die Wende zum vorzeitigen "Aus" verurteilt wurden. Im Jahr 2014 dürften 2,5 Milliarden Euro gezahlt worden sein - ohne Geschäftsgrundlage. Gegen diesen Schurkenstreich gibt es leider keine rechtliche Handhabe.

Zwar wurden die Laufzeitverlängerung und die Brennelementesteuer am gleichen Tag beschlossen (5. September 2010), aber aufgrund zweier getrennter Vorlagen, die nicht aufeinander Bezug nehmen. Die Betreiber hätten heute keinen Ärger, wenn es in der einen Vorlage beispielsweise heißen würde: "lm Gegenzug für die Laufzeitverlängerung zahlen die Betreiber eine Kernbrennstoffsteuer von 145 Euro pro Gramm." Es wäre also eine Sache politischen Anstands, zum "Gentlemen's Agreement" vom Oktober 2010 zu stehen, die Brennelementesteuer zu stoppen und zurückzuzahlen. Doch das Finanzministerium äußert sich überhaupt nicht dazu, Herr Schäuble weiß natürlich, dass die Brennelementesteuer ein "G'schmäckle" hat, aber als Finanzminister stört ihn das nicht. Wir erleben in diesem Zusammenhang ein weiteres peinliches Kapitel der Misserfolgsstory Energiewende. Ein einschlägiges Zahlenbeispiel möge den von Irrationalitäten geprägten Wendekurs verdeutlichen: Wenn das KKW Grafenrheinfeld demnächst abgeschaltet wird, müssen 10 bis 11 Milliarden kWh pro Jahr hauptsächlich durch Strom aus dem schmutzigsten aller Energieträger namens Braunkohle ersetzt werden. Für 8 Milliarden kWh müssen 9 Millionen Tonnen Braunkohle im Jahr verbrannt werden, also 30 000 Tonnen pro Betriebstag, mit entsprechenden Emissionen an CO2 und Schadstoffen aller Art. Grafenrheinfeld benötigt dafür 76 Kilogramm Reaktor-Brennstoffgemisch.

Es ist vor allem die in diesen Zahlen zum Ausdruck kommende enorme Energiedichte spaltbaren Materials, die ein annähernd gleichwertiges Ersetzen der Kernenergie illusorisch erscheinen lässt.

Dr. Felix Conrad, Hockenheim

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