Europapolitik Gurkenverordnung lebt im Verborgenen

Lesedauer

Es werden noch viele Jahre - hoffentlich nicht Jahrzehnte - vergehen, bis sich in unserer Gesellschaft eine Mehrheit gebildet hat, die die Arbeit der EU-Kommission in Brüssel mit deutlich weniger Voreingenommenheit betrachtet. Bei der anstehenden Wahl des Europa-Parlaments wird das wahrscheinlich auch wieder durch geringe Wahlbeteiligung deutlich werden. Dabei steht diesmal, nach Jahrzehnten, auch die Entscheidung an, ob Deutschland den Kommissions-Präsidenten stellen kann.

Derzeit ist es leider noch so wie es im Leserbrief von Peter Bönelt in einem Nebensatz zum Ausdruck kommt, in dem die "Brüsseler Erfindund der Normgurke, des Einwegolivenspenders" Erwähnung finden. Die vielzitierte Gurkenverordnung wurde längst abgeschafft, sehr zum Unwillen der Betroffenen, der europäischen Gemüse-Großhändler. Darin waren nämlich Qualitätsklassen und wichtige Dinge in Sachen Logistik geregelt, was man nicht missen wollte.

"Dabei geht es auch um bares Geld", wie sich der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen in einem Interview 2005 in einer Wochenzeitung ausdrückte. Und er sagte damals noch: "Ich habe noch niemals gehört, dass sich jemand über in Deutschland geltende nationale gesetzliche Handelsschranken für Schwarzwurzeln und Preiselbeeren aufgeregt hat." Sinngemäß war damals noch angemerkt, dass die Brüsseler Behörde kein Staat sei, aber man müsse die Interessen von inzwischen 28 Staaten abgleichen. Ohne die läuft nichts, auch nicht ohne das Parlament.

Wenn Rat und Parlament in Straßburg nicht wollen, kann sich die EU-Kommission nicht darüber hinwegsetzen. Und die Gurkenverordnung lebt weiter, sozusagen im Verborgenen.

Günter Schmidt, Reilingen