Energiewende - Da wird die Atomkraft propagiert, obwohl niemand weiß, wohin mit dem strahlenden Müll Halbwahrheiten helfen uns nicht weiter

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Der Leserbrief von Alfons Kalb vom 28. März schlägt mal wieder einem Fass den Boden aus. Seine Behauptung: "... die Grünen jagen der Bevölkerung immer wieder Angst ein, indem sie darauf verweisen, dass die abgebrannten Brennstäbe 1000 Jahre lang strahlen." Und weiter: "Dass nur 28 Jahre nach der Tschernobyl-Katastrophe in der Sperrzone wieder eine gesunde Tiervielfalt lebt." Das ist schlicht falsch, wenn nicht sogar dreist gelogen.

Was es mit der Halbwertszeit beim Zerfall radioaktiver Stoffe nach einem Atomunfall auf sich hat, darüber kann er sich ja bestens beim Ketscher Energiezirkel informieren, gebildet von Personen, die sich "auf langjährige Erfahrungen in diesem Sektor" berufen und wie sie sich bezeichnen: Fachleuten, die anderen Menschen ihr Fachwissen absprechen wollen . . .

All die Herren schreiben ebenfalls permanent Leserbriefe: Den Ausstieg aus der Kernenergie zur Stromerzeugung halten die Teilnehmer des Gesprächskreises durchweg für einen vollkommen unsinnigen Weg, propagieren den Weiterbetrieb bestehender und auch stillgelegter Kernkraftwerke mit den Argumenten von Klimaschutz und den minimalen Kosten der Erzeugung von Atomstrom. Zu den wahren Kosten der Erzeugung von Kernenergie möchte ich aus Gründen der Länge des Beitrags aufs Internet verweisen, dort gibt es jede Menge Infos dazu.

Mit keinem einzigen Satz wird auf die negativen Folgen der Atomkraft eingegangen. Die Männer mit ihrer "Berufspraxis" erwähnen mit keinem Wort die gewaltigen Probleme und die von der Allgemeinheit zu tragenden Kosten, vor denen wir mit der Entsorgung der schwach-, mittel- und hoch radioaktiven Abfälle stehen. Den Entsorgungsproblemen von Atommüll wird in der SZ vom 19. November 2014 eine komplette Zeitungsseite gewidmet. Überschrifft: Atommüllfässer verrosten beim Warten auf das Endlager.

Das wird auch noch eine Weile so weitergehen, ist doch Schacht Konrad noch nicht genehmigt und für die aktuell erwartete Menge von etwa 600 000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Abfälle schon wieder zu klein geraten. Das Endlager für hoch radioaktive Substanzen wird immer noch gesucht, wenn's denn überhaupt einmal gefunden werden kann.

Zur Energiewende ein Zitat von Georg Müller; Vorstandsvorsitzender der MVV Energie AG am 14. März in der SZ: "Wir erzeugen heute bereits mehr Strom aus erneuerbaren Energien, als alle unsere Haushaltskunden an den MVV-Standorten in Mannheim, Kiel und Offenbach verbrauchen." Und weiter: "Andere reden von der Energiewende, wir machen sie." Na bitte, es geht doch!

Zurück zur "gesunden Tiervielfalt des Alfons Kalb: Zitat der Studie: "Einige Vogelarten profitieren offenbar sogar von erhöhten Strahlenwerten, berichten Forscher im Fachjournal ,Functional Ecology'. Sie seien größer und hätten weniger DNA-Schäden als ihre Artgenossen in weniger belasteten Gebieten." Wohlgemerkt, es geht um 16 Vogelarten, andere Spezies werden dabei nicht erwähnt. Soll das etwa suggerieren, die Sperrzone sei wieder strahlenfrei und man könne sich dort bedenkenlos niederlassen? War ja alles nicht so schlimm? Sind Bilder von Missbildungen schon in Vergessenheit geraten? Dann bitte erkläre mir jemand den Artikel vom 15. März, gefunden bei n-tv/dpa: "Viele Wildschweine in Bayern sind radioaktiv verseucht. Der zulässige Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm wird teilweise um mehr als das Zehnfache überschritten. Dabei handelt es sich aber um Tiere, die zur Zeit der Katastrophe noch gar nicht gelebt haben. Oder die Nachricht vom 20. März, ebenfalls eine n-tv/dpa-Meldung: "Bislang fehlt weiteres Geld für die neue Hülle rund um den radioaktiv strahlenden Reaktor."

Wenn dann ein Berthold Flad von "Panikmache ist unangebracht" wegen einer Ausweitung von Fluchtzonen um das KKW Phillipsburg schreibt und die Tat einem Korrespondenten der Zeitung in die Schuhe schieben will, das setzt der Ignoranz des Ganzen die Krone auf.

Roland Kneller, Schwetzingen

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