Straßengebühr - Abnutzung kann nur nach Fahrstrecke bestimmt werden, nie durch eine Pauschale Lieber einen "Sani" statt einer Maut

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Wenn im Oktober der Verkehrsausschuss des Bundestages tagt, werden wir wohl wieder eine der hitzigen Diskussionen von Experten der vier Fraktionen erleben, bei denen um alle Details einer Maßnahme gestritten wird, ohne zuvor zu klären, ob diese im Hinblick auf einen definierten Zweck überhaupt einen Sinn hat.

Bei der Maut lautet die Sinnfrage: Ist eine zeitraumbegrenzte Pauschale für Straßenbenutzung zur Finanzierung der Instandsetzung und -haltung sachlich geeignet und sozialverträglich? Minister Dobrindt kämpft für Horst Seehofers Herzenswunsch nach einer Gebühr für eine begrenzte Benutzung bestimmter Straßen durch Ausländer - nach dem Motto "Wie du mir, so ich dir". Er nennt diese Gebühr Maut - ohne zu ahnen, dass dieser Begriff im Schriftdeutschen etwas anderes bedeutet, als das "Revanchefoul", das seinem Chef vorschwebt.

Eine Maut ist ein Preis für die einmalige Nutzung bestimmter Verkehrsobjekte wie Tunnels, Brücken, Gebirgspässe. Im 19. Jahrhundert gab es den Weg- und den Brückenzoll. Mit dem traditionellen Maut - Begriff ist der CSU-Plan einer Mehrmonatspauschale für eine beliebig häufige, mehr oder weniger intensive Benutzung bestimmter Straßen unvereinbar. Wenn ein gelegentlicher Autobahn-Nutzer für eine Seehofer-Vignette genauso viel zahlen soll wie ein professioneller Vielfahrer, dann wird die von Mautkämpfern in Anspruch genommene Gerechtigkeit verhöhnt. So etwas ist sozial unverträgliche Willkür - der Volksmund spricht von "Abzocke".

Die Seehofer-Maut wird damit begründet, dass die Autofahrer zu den Reparaturkosten der von ihnen abgenutzten Straßen beizutragen hätten. Diese Forderung ist völlig legitim, aber sie muss grundsätzlich auf dem Verursacherprinzip beruhen. Da die Abnutzung primär von der Fahrstrecke bestimmt wird, muss der Kostenbeitrag des Autofahrers in eine Abhängigkeit von Kilometern gebracht werden. Das ist aber bei einer Nutzungspauschale unmöglich. Nun haben wir ja eine steuerliche Einrichtung, die auf ausreichend gute Weise als Maß für die individuelle Straßenbe- und -abnutzung dienen kann - die Energiesteuer, die frühere Mineralölsteuer.

Je mehr man fährt, desto mehr Treibstoff muss man bezahlen, und desto mehr kassiert der Staat, der heute beim Benzin 65 Cent pro Liter abschöpft. Die Energiesteuer erbrachte 2012 etwa 45 Milliarden Euro, was für die Sanierung mehr als genug wäre. Laut Automobilverband wird nur ein Drittel der Energiesteuer für die Straßen verwendet, obwohl die Mineralölsteuer in den 30er Jahren ausdrücklich für den Straßenbau eingeführt wurde. Dieser Missstand wird seit langem gerügt, aber Verbesserungswünsche scheitern an der Bundeshaushaltsverordnung. Sie verlangt, dass sämtliche Steuern in einen Topf geworfen werden, aus dem die Mittel nach Haushaltsplan zu verteilen sind.

Darauf verwies Finanzminister Schäuble, als er wieder mal auf die - nach Volkes Meinung - Zweckentfremdung der Energiesteuer - angesprochen wurde. Aber in der Haushaltsverordnung spricht nichts dagegen, aus dem Steuertopf einen für die Straßensanierung ausreichenden Teil zu entnehmen. Kein vernünftiger Autofahrer wird etwas dagegen haben, wenn der Fiskus zum Ausgleich einen Treibstoffzuschlag zur Sanierung unseres Straßennetzes, genannt Sani, verordnet. Eine einfache Finanzgesetzänderung würde uns die kostenintensive, politbürokratische Maut ersparen.

Felix Conrad, Schwetzingen