Schulbildung - Lehrer können doch nicht jede Diskussion im Elternhaus ersetzen Sind wir eigentlich noch zu retten?

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Erstaunt reibt sich der Leser die Augen: Da fordert eine wie auch immer pädagogisch qualifizierte Modeexpertin vom Verband deutscher Mode- und Textildesigner ein neues Schulfach mit dem hochtrabenden Namen "Ästhetik und Geschmacksbildung" wegen einiger möglicherweise ästhetisch unpassend aus Hotpants herausquellender Gesäßbacken!

Ein Jugendforscher, der immer in solchen und ähnlichen Fällen gleich auf der öffentlichen Matte steht, sekundiert zustimmend, ein Vertreter aus den Reihen der Lehrerschaft fordert mehr Dialog in solch wirklich existenziellen Fragen und der Leser fragt sich ernsthaft, was eigentlich Schule noch alles leisten soll?

Die Älteren unter uns werden sich vielleicht noch dunkel erinnern: In derart gelagerten Fällen waren früher zur Beratung, Aufklärung oder zur möglichen Korrektur immer Eltern und Familie gefragt! Heute aber scheint zu gelten: Kein noch so komplexes Thema aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, für das nicht sofort von Experten vehement ein neues Schulfach gefordert wird - als ob es nicht schon genügend Schulfächer gäbe!

Alte klassische Schulfächer wurden zu sogenannten Fächerverbünden zusammengefasst, weil die Fachlehrer fehlen; für anderes wirklich Entbehrliches scheinen aber ausreichend Experten in den Startlöchern zu stehen! In alten Zeiten hat der Musiklehrer mit den Kindern gesungen und musiziert und der Kunsterzieher hat mit ihnen gemalt und modelliert. Heute weiß der pädagogische Laie schon längst nicht mehr, was im Grundschulfach MÄG (Musisch-Ästhetischer Gestaltungsbereich) eigentlich so alles vor sich geht!

Bildungspolitiker haben sich natürlich bei dieser nebulösen Umbenennung etwas gedacht, denn so werden Kosten bei der Lehrerausbildung eingespart! Und sonst? Alles, aber auch wirklich alles sollen Staat und Schule richten, bloß keine lästige und nervende Diskussion mit den pubertierenden Sprösslingen im familiären Bereich! Läuft irgendetwas nicht im Normbereich (wie immer man den definieren mag), wird sofort nach dem korrigierenden Eingreifen des Staats gerufen - was man ja sonst nicht immer mag. Ist unsere Gesellschaft noch zu retten oder soll mit solch "weltbewegenden" Themen nur von den wahren Problemen abgelenkt werden?

Ulrich Kobelke, Plankstadt

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