Versandhandel von Arzneimitteln - Apotheken vor Ort sorgen für individuelle Betreuung und leisten viel für die Sicherheit ihrer Kunden Zum Wohle des Patienten - von wegen?

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Mit Bestürzung habe ich letzten Samstag den Kommentar von Redakteur Vetter bezüglich des Vorschlags von Gesundheitsminister Gröhe, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu verbieten, gelesen. Er begrüßt darin, dass die seit Jahrzehnten gewachsenen und im Arzneibereich hervorragend funktionierenden Strukturen in Deutschland zum Leid von kleinen, selbstständigen Apotheken zugunsten von großen Playern zerstört werden dürfen. Denn ausländische Versandhändler sind Kapitalgesellschaften.

Vielleicht ist Herr Vetter jemand, der generell alles, was scheinbar alt ist, anzweifelt und es gut findet, dass heutzutage in fast allen Bereichen dafür gesorgt wird, dass der Geldfluss von vielen Kleinen zu wenigen Großen unterstützt wird. Oder er weiß vielleicht gar nicht, was in solch einer Apotheke vor Ort im Vergleich zu Versandapotheken aus dem Ausland tagtäglich alles geleistet wird. Hier eine kleine Aufstellung:

Apotheken zahlen für jedes Medikament 19 Prozent Mehrwertsteuer an den deutschen Staat.

Jede der zirka 20 000 Apotheken zahlt Gewerbesteuer und Einkommenssteuer und hat keine Möglichkeit, irgendwelche Beträge am Finanzamt vorbei ins Ausland zu befördern.

Apotheken vor Ort bieten persönliche, wohnortnahe, qualifizierte Arbeitsplätze - oft auch in Teilzeit - vor allem für Frauen.

Apothekeninhaber nehmen teil am Leben in den Gemeinden und Städten, spenden für Vereine, Veranstaltungen und vieles mehr. Und sie sorgen dafür, dass innerorts noch Geschäfte existieren.

Die deutschen Apotheken haben ein umfassendes flächendeckendes Notdienstsystem und garantieren Medikamentenabgabe durch den Nachtdienst rund um die Uhr.

Auch bei Arzneimitteln auf Rezept entstehen beim Patienten jeden Tag viele Fragen und Probleme, auch hier müssen Apotheker beraten, rufen die Ärzte zurück und klären ab.

Die Apotheke ist Anlaufstelle für viele Patienten bei leichteren Krankheiten. Ihnen wird oft genug geholfen, ohne dass ein Arztbesuch notwendig wird.

In Apotheken werden jährlich über sieben Millionen individuelle Rezepturen (Salben, Lösungen und so weiter) hergestellt.

Fast jede Apotheke bietet heutzutage einen Medikamenten-Bringservice an und kann, wenn es dringend ist, Arzneimittel innerhalb kürzester Zeit nach Hause liefern.

Apotheker und PTAs sind für Patienten Berater, Problemlöser, Zuhörer und manchmal - nicht zu selten - auch Seelsorger.

Im heutigen Informationsüberfluss sind Apotheken die Stelle, wo der Patient die richtige Auskunft bekommt und ihm eventuell auch vom Kauf eines Medikaments abgeraten wird.

Keiner dieser Punkte wird von Versandapotheken erfüllt. Zu dieser unvollständigen Liste sei noch bemerkt, dass nur sieben von 28 Staaten in Europa den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln erlauben und dies teilweise mit restriktiven Einschränkungen. Im internationalen Medikamentenversandhandel ist nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa jedes zweite Medikament gefälscht. Ein Versandhandelsverbot ist auf der einen Seite ein sinnvoller Schutz für Vor-Ort-Apotheken, aber es ist auch noch viel mehr. Es ist ein ganz wichtiger Schutz für den Patienten und genauso für den deutschen Staat.

Die Vor-Ort-Apotheke ist eine Institution, deren Verlust uns allen auf Dauer sehr wehtun würde.

Klaus Renkert, Brühl

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