Stadtverwaltung handelt verantwortungslos

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Zu den Plänen für ein Neubaugebiet im Bannholzgraben, "SHM" vom 23., 28. und 30. Januar.

Wer die Berichterstattung im "Südhessen Morgen" zum Thema Bannholzgraben-Erweiterung aufmerksam gelesen hat und dazu die letzte Sitzung des Bauausschusses bzw. der Stadtverordnetenversammlung verfolgt hat, kommt aus dem Staunen über das Vorgehen nicht mehr heraus. Die von Geldsorgen gequälte Stadtverwaltung gibt eine nicht unerhebliche Summe Geld aus, um angeblich der Stadtverordnetenversammlung "Optionen für die Baulandentwicklung" zu eröffnen. Ein in allen Facetten wohl einmaliger Vorgang: An allen zuständigen Gremien vorbei, schafft die Verwaltung in dem hoch komplexen Thema "Baulandentwicklung" Fakten - ohne Planung, ohne Bedarfsermittlung, ohne Beratung in den Gremien, ohne Einbeziehung der Bürger.

Die Begründung für dieses eigenwillige Handeln klingt wenig überzeugend, sondern eher befremdlich. Wie soll man das Argument beurteilen, man habe im Geheimen agieren müssen, um einen möglichst geringen Kaufpreis für die Grundstücke zu erzielen? Immerhin hat die Stadt mit ihren eigenen Bürgern Verträge abgeschlossen und dabei offensichtlich ihren Informationsvorsprung ausgenutzt.

Trotz der Abwesenheit eines städtebaulichen Konzeptes gelingt es der Verwaltung, "Weisheit" in ihrem Handeln zu erkennen. Worin liegt Weisheit, wenn sie die sehr gelungene und durchdachte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, den Bannholzgraben, durch eine Erweiterung zerstört? Liegt Weisheit darin, ein neues Quartier entweder am Kindergarten Gänseblümchen vorbei und/oder über eine Spielstraße zu erschließen?

Das ist aber nur ein kleines Detail des Problems. Die Stadtverordnetenversammlung beschäftigt sich gleichzeitig mit dem Ausbau des Radwegenetzes, Stadtentwässerung, Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes, Bebauung von ausgewiesenen Gewerbeflächen mit Wohnhäusern, Festlegung eines Stadtumbaugebietes usw.. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Was den Beobachter verblüfft, ist die Tatsache, dass alle diese Themen völlig isoliert betrachtet werden. Es gibt kein Gesamtkonzept. Nichts ist vorhanden, wo die Wechselbeziehungen aller Einzelmaßnahmen analysiert und bewertet würden. Und das bei Entscheidungen, deren Wirkungen sich über Jahrzehnte entfalten - im Guten, wie im Schlechten.

Wir nehmen das mit ungläubigem Staunen zur Kenntnis. Staunen ist eine Sache. Wir sind der Meinung, dass die Stadtverwaltung verantwortungslos handelt, wenn Entscheidungen von weitreichender Bedeutung und mit Auswirkungen auf viele Bürger ohne Analyse der Daten und Fakten zum Wohnraumbedarf, ohne Bewertung vorhandener Optionen und ohne Einbeziehung der betroffenen Bürger gefällt werden.

Wir wollen niemanden etwas Böses unterstellen, dass das Thema "Bauentwicklung Bannholzgraben" erst unmittelbar vor der Wahl der Stadtverordneten und - eher durch Zufall - publik wurde. Noch ist es nicht zu spät, die Kandidaten nach ihrer Position zum Thema eines Stadtentwicklungsplanes für Viernheim zu befragen. Zweifellos ist das ein hoch komplexes, anspruchsvolles Thema. Aber wenn man bei der Erarbeitung eines solchen Plans - neben den oben genannten Fragestellungen - die Auswirkungen des demografischen Wandels, des Klimawandels, Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums usw. berücksichtigt, hat man die einmalige Chance, großen Nutzen für eine gute Zukunft Viernheims zu stiften.

Ohne Zweifel wird für die Erstellung eines guten Stadtentwicklungsplanes Zeit benötigt, um in der gebotenen Gründlichkeit abgearbeitet zu werden. Aber wenn wir unseren Kindern schon einen Schuldenberg hinterlassen, verdienen sie es zumindest, dass das Geld sinnvoll investiert wurde.

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