Energieversorgung - Minister Untersteller setzt auf polnische Kraftwerke, um Strom fürs Land zu importieren Schizophrenie der grünen Welt

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Was an der deutschen Stromwende interessierte sachkundige Beobachter schon lange wissen, hat sich der baden-württembergische Energieminister Untersteller erneut gutachterlich bestätigen lassen. Nach dem Wegfall der Grundlast erzeugenden Kern- und Kohlekraftwerke ist Deutschland auf Stromimporte aus dem Ausland zwingend angewiesen.

In der Zusammenfassung für den schnellen Leser des Gutachtens heißt es: „Sowohl Süddeutschland als auch Gesamtdeutschland werden ab 2020 auf entsprechende Stromimporte aus dem Ausland angewiesen sein. Bis 2025 steigt das Defizit für Gesamtdeutschland … auf 17,9 Gigawatt, das grundsätzlich durch Importe aus dem benachbarten Ausland abzudecken ist. Ob die Nachbarländer die von Deutschland benötigten Erzeugungsleistungen zur Verfügung stellen können und werden, wurde in der Untersuchung nicht überprüft. Entsprechende Regelungen zur Sicherung dieser Leistung sind nach unsere Kenntnis bislang nicht vorhanden.“

Und wie interpretiert Minister Untersteller die Studie? Er glaubt gelesen zu haben „DLR, IFK und IER gehen für alle betrachteten Szenarien und Varianten davon aus, dass im Jahr 2025 für die Deckung der Nachfrage ausreichende Erzeugungskapazitäten vorhanden sind.“

Süddeutschland wird in Zukunft zunehmend auf Stromimporte aus dem Norden oder aus den Nachbarländern angewiesen sein.“ Dieser so harmlos klingende Satz ist schlicht falsch hinsichtlich der Aussage über mögliche Stromimporte aus dem Norden Deutschlands, denn diese sind bereits ausgeschöpft. Im Gutachten heißt es: „Süddeutschland hat bereits heute ein Bilanzdefizit. Es ist somit bereits heute von Importen aus Norddeutschland und/oder den europäischen Nachbarn abhängig. Die verfügbaren Bilanzüberschüsse aus Norddeutschland nehmen aber mit der Zeit ab. Ab 2019 wird dann zusätzliche Leistung aus dem benachbarten Ausland zur sicheren Nachfragedeckung benötigt.“

Oder hat Herr Untersteller den Leser bewusst in die Irre leiten wollen und meint mit Stromimporten aus dem Norden Stromimporte aus nördlichen Nachbarländern, beispielsweise aus Polen? Dieser Gedanke ist naheliegend, da auf Seite 12 im Gutachten auf Stromlieferungen aus Polen eingegangen wird: „Der Wegfall der vormals eklatanten Deckungslücken in Frankreich und Polen folgt direkt aus der Anpassung der Lebensdauern von Kern- und Kohlekraftwerken in diesen Ländern.“ Damit können Frankreich und Polen die deutschen Engpässe füllen.

Im Klartext heißt das: Vor Ort demonstrieren uninformierte Traumtänzer für die Abschaltung französischer und belgischer Kern- und polnischer Kohlekraftwerke, während ein grüner Energieminister auf eben diese Anlagen angewiesen ist, um die Stromversorgung im eigenen Land sicherzustellen. Soviel Schizophrenie innerhalb der grünen Welt hätte ich nicht erwartet.

Aber auch die Tatenlosigkeit und Lethargie weiterer Verantwortlicher, deren Meinung im Zeitungsartikel von Herrn Reinhardt zitiert wird (Energieexperte Nemeth von der CDU, Geschäftsführer Wolf vom Landesverband der Industrie, Präsident Genke vom Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag), ist erschreckend.

Der Bundesverband der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft dagegen sieht das Heil im Neubau teurer Gaskraftwerke, deren Umweltbilanz gerade ins Zwielicht gerät (Beitrag der F.A.F.-Finanzen vom 9. März: „Gas ist nicht besser als Kohle“).

Mein Fazit, frei nach Heine: Denk ich an Deutschlands Energie – das schaffen diese Träumer nie?

Stefan Reuter, Altlußheim

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