Stresstest für Gemeinschaftsschulen

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Zum Kommentar „Berg von Hausaufgaben“ vom 30. Januar:

Anne Jeschke findet, dass sich Politiker und Schulen nicht auf dem positiven Ergebnis der neuen Pisa-Studie ausruhen dürfen und preist gleich zu Anfang ihres Kommentars völlig unreflektiert die neuen Heilsbringer des Erfolges. Wer hätte es auch anders gedacht, an erster Stelle die Gemeinschaftsschulen. Und dann der verpönte Frontalunterricht – eine Worthülse, ein Synonym für schlechten Unterricht.

Wenn sie damit einen Unterricht meint, in dem der Lehrer doziert oder vorliest, in dem die Schüler nicht beteiligt sind, schlafen, mit anderen Dingen beschäftigt sind, dann hat sie recht, dann müsste ihre Forderung aber nicht „weniger“, sondern „kein“ Frontalunterricht lauten. Es gibt aber auch den interaktiven Frontalunterricht, an dem Schüler – so sie wollen – in Form des Unterrichtsgesprächs beteiligt sind. Wo der Lehrer abbricht, wenn Probleme auftauchen, Klarstellungen, Richtigstellungen, Wiederholungen und vertiefende Übungen für alle nachschiebt und einsetzt und so Unterrichtsphasen mit Partnerarbeit und Gruppenarbeit sinnvoll vorbereitet und vorstrukturiert.

Darauf kann niemand ernstlich verzichten wollen, davon kann es kein weniger, sondern nur ein mehr geben. Denn bei schlechter Gruppenarbeit und bei schlechtem eigenverantwortlichem Lernen können Schüler oft sich selbst überlassen, also allein gelassen sein und gar nichts lernen. Wieso steht eigentlich für die meisten Journalisten jetzt schon fest, dass das Konzept der Gemeinschaftsschulen erfolgreich sein wird? Wo ist der Stresstest für Gemeinschaftsschulen? Erste belastbare Ergebnisse wird es dazu wohl erst in fünf bis zehn Jahren geben.

Auf die Lehrer kommt es an

Warten wir also ab; es gibt auch ernstzunehmende Zweifel an diesem Modell, zumal ja die gymnasiale Ebene noch immer weitgehend außen vor bleibt. Gesamtschulen in Großbritannien haben gezeigt: Gibt es kein äußerlich gegliedertes Schulsystem, wird eben im Inneren der Schulen gegliedert, in Kursen und Unterkursen.

Halten wir uns also lieber an den neuseeländischen Erziehungswissenschaftler John Hattie, der sinngemäß sagt: „Es ist der Lehrer, auf den es ankommt“ – bei einem sinnvollen und verantwortlich geführten Unterricht. Lehrer also, akademisch und pädagogisch gut ausgebildete Lehrer, die einen gesunden Unterrichts- und Methodenmix hinkriegen und keine Lernbegleiter, Arbeitsblattverteiler und Lernthekenbetreiber, die in die Lernentwicklung der Schüler nicht eingreifen sollen oder dürfen.

Womit Frau Jeschke sicherlich recht hat, ist ihre Einschätzung der Wirkung von Ganztagsangeboten bei sozial benachteiligten Schülern. Das hat aber mit Lern- oder Unterrichtsmethoden eher am Rande zu tun.

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2E4GgnX 

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