Parteiendämmerung - Christliche Werte teils aufgegeben Ist das der Anfang vom Ende der CDU?

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Der Koalitionsvertrag und insbesondere die Verteilung der Ministerien haben vor allem in der CDU viele Erwartungen enttäuscht. Der Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung befürchtet sogar das „Ende der Volkspartei CDU“. Das klingt sehr düster. Soll etwa die Welt untergehen, wenn das Finanzministerium von einem SPD- statt eines CDU-Politikers geleitet wird?

Nein, wenn man den Niedergang einer Volkspartei an die Wand malt, muss man zeitlich weiter ausgreifen und auch andere Politikfelder einbeziehen.

Zu einer Volkspartei gehören zwei Dinge: die Vertretung möglichst aller sozialen Gruppen und die enge Orientierung an den Grundwerten. Und hier hatten 2013, am Beginn der Flüchtlingskrise vor fünf Jahren, CDU und CSU eine einmalige Chance. Sie konnten ihren christlichen Werten und gleichzeitig den Prinzipien der Verfassung einen breiten Resonanzraum verschaffen. Nächstenliebe und Menschenwürde hätten zu einem deckungsgleichen Verhalten gegenüber den Flüchtlingen führen können, ja müssen. Den Anlass dazu lieferte ihnen der neue Papst Franziskus, der in Lampedusa das Abendland für den Tod Tausender Flüchtlinge verantwortlich machte.

Deutschland reagierte erschüttert. Viele spürten, dass sie etwas gut zu machen hatten. Vermutlich auch Angela Merkel. Und diese Einsicht dürfte sie zwei Jahre später, im September 2015, dazu bewogen haben, die Flüchtlinge in Ungarn vor dem Erfrieren und dem Hungertod zu retten. Und mit ihrem „Wir schaffen das“ motivierte sie hunderttausende Deutsche, sich der Schutzbedürftigen anzunehmen. Von ihnen sind viele Ehrenamtliche bis heute dieser Aufgabe treu geblieben.

Doch ab November 2015 geriet die Kanzlerin zunehmend unter das Feuer Horst Seehofers und der CSU. Sich um christliche Werte nicht scherend, machten sich die Bayern zum ersten Sprachrohr der um ihre Habe fürchtenden Besitzbürger. Das höchste Gut – die Menschenwürde – wurde gegen ein Wildbret – die vergeblich erhofften Wählerstimmen – verscherbelt. Und die Kanzlerin wich Schritt um Schritt zurück. Den Auftrag, die Menschenwürde zu verteidigen, haben in der Folge auch Reiner Haseloff in Sachsen-Anhalt und Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz missachtet. Für ihre aus der Angst geborenen Pläne B und A 2 wurden sie genauso bestraft, wie ihre mutlose Parteichefin Merkel bei der Bundestagswahl im vergangenen September und bei den ergebnislosen Sondierungen.

Wie geht es jetzt weiter? Die SPD hatte vor, sich in der Opposition zu regenerieren. Die CDU sollte aber ihre Pflicht als größte Partei nutzen und sich auf ihre christlichen Grundlagen besinnen. Viele Felder hat sie schon aufgegeben. Ohne großes Aufsehen hat Kanzlerin Angela Merkel die Institution der Ehe aufgegeben, vor allem ihre Bindung an die Familie.

Wenn nun in Berlin die Ruhe nach dem Sturm einkehrt, dann ist zu hoffen, dass ein Antragsberechtigter, zum Beispiel die bayerische Landesregierung, in Karlsruhe beim Bundesgerichtshof eine Prüfung beantragt, ob das neue Ehe-Gesetz mit den Grundsätzen der Verfassung übereinstimmt.

Helmut Mehrer, Brühl

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Kommentar von
Christian Unger
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