Psychopharmaka, um gefügig zu machen

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Zum Artikel „Die Folgen des Pflegenotstands“ vom 2. Februar:

Das Personal ist unter diesen unmenschlichen Arbeitsbedingungen gestresst, ausgelaugt und viele stehen kurz vor einem nervlichen Zusammenbruch. Die Versorgung der Heimbewohner ist ein Kampf mit der Zeit, die Arbeitsschritte müssen im Akkord geleistet werden, um allen Bewohnern gerecht zu werden.

Auf so eine Vorgehensweise reagieren manche Bewohner aggressiv. So auch meine Mutter und das wird dann zum Anlass genommen, um zu sagen: Wir sollten mit ihrem Neurologen sprechen, um eine Therapie zu veranlassen wegen ihres aggressiven Verhaltens.

Menschenverachtendes System

Dieses Argument ist haarsträubend, es ist eine Methode, um die Pflegebedürftigen an dieses krankmachende System anzupassen. Es wird einfach eine Verhaltensweise aus dem Kontext gerissen, die wesentlichen Zusammenhänge ausgeblendet, um meine Mutter mit Psychopharmaka gefügig zu machen, kompatibel für dieses menschenverachtende Pflegesystem. Der Pflegemangel ist hausgemacht, es wird nicht investiert in die Ausbildung, die Bezahlung ist der erbrachten Leistung bei Weitem nicht angemessen. Wie bei allen „typischen Frauenberufen“, die gering bezahlt werden. Das ist ein Merkmal unseres krisenhaften Gesellschaftssystems. Die Krisenlasten werden zum größten Teil auf die Frauen (Angehörigen) abgewälzt, die moralisch gezwungen sind, dem Pflegepersonal unter die Arme zu greifen, obwohl ein Heimplatz mit Pflegestufe II etwa 3200 Euro kostet. Die Gegenwart zeigt heute schon erhebliche Missstände in den Pflegeheimen. Es bleibt keine Zeit, um pflegebedürftige, demente Menschen bedarfsgerecht zu versorgen. Wo bleibt da die Würde des Menschen? Wann greift das Gesetz der Schutzbefohlenen in den Pflegeheimen? Wie lange wollen wir noch stillschweigend zuschauen?

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2EsKPLU

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