Fahren ohne Fahrschein: Eine Frage des Willens

Lesedauer

Zum Artikel „Abrupt umschalten geht nicht“ vom 15. Februar:

Ich finde es erstmal löblich, dass der ÖPNV in Mannheim kostenfrei werden soll. Aber: Es wird sehr wahrscheinlich desaströs werden. Schaut man sich vergleichbare Projekte an (in Tallinn, Templin, und so weiter) stellt man fest, dass sehr plötzlich weitaus mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzen wollen, als man zunächst annahm. Folge: Kapazitätsengpässe, zu wenig Infrastruktur, um die Massen befördern zu können.

Neue Kurtaxe

Keiner schaut sich nur im Ansatz an, wie andere das Finanzierungsproblem gelöst haben. Templin hat die Mehrkosten über höhere Parkpreise und eine neue Kurtaxe gelöst. In Tallinn dürfen nur Stadtbewohner kostenlos fahren. Tallinn bekommt 1000 Euro von der Einkommensteuer jedes Bewohners. Die Stadt macht jedes Jahr 20 Millionen Euro Gewinn durch die Nummer.

Erfindergeist zeigen

In Aubange in Frankreich gibt es den Nulltarif seit 2009. Steigerung der Passagierzahlen von 1,9 Millionen (2008) auf 4,9 Millionen (2012). Die Finanzierung erfolgt überwiegend über eine Arbeitgeber-Abgabe, die „versement transport“. Teilweise ein Ersatz für den in Deutschland verpflichtenden Parkplatzbau – traurig, dass Deutschland so autofixiert ist. Ich denke, dass Mannheim hier durchaus seinen Erfindergeist mal wirken lassen kann und mal was als Pendant zum Individualverkehr erfinden kann. Letzten Endes ist alles eine Frage des politischen Willens – aber der ist im Bereich ÖPNV viel zu selten vorhanden.

Info: Originalartikel unter: http://bit.ly/2EAon0d