Polizeibehörde oder Lounge?

Von 
Karl Schäfer
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Zu „Umbau der Post belastet Haushalt“, „SHM“ vom 20. August

Die Lektüre des sehr aussagekräftigen Artikels hat zahlreiche Fragezeichen hinterlassen. Zum Beispiel: Für was benötigt man runde Ecken in einer Polizeibehörde? Ich hatte das zuletzt schon inoffiziell gehört und für einen Scherz gehalten. Und müssen wir uns schon jetzt beim Umbau das Rathauses auf viele runde Ecken einstellen? Und auf entsprechende Kostensteigerungen? Oder werden runde Ecken nun überall zum preisgünstigen Standard werden? Und für was benötigt man dort eine indirekte Beleuchtung? Hierzu möchte ich lieber keine weiteren Überlegungen anstellen. Reden wir von einer Polizeibehörde oder von einer Lounge?

Zuletzt hieß es schon bei der Ankündigung der Mehrkosten von 400 000 Euro, dass Sonderwünsche von der Polizei selbst bezahlt werden. Sind die oben genannten Wünsche denn keine Sonderwünsche oder gibt es darüber hinaus noch außergewöhnlichere Luxuswünsche? Solange diese nicht normalen Ausstattungen nicht als sachlich notwendig begründet sind, halte ich sie für unnötigen Schnickschnack. Und dann frage ich die Verantwortlichen, wieso dafür der Steuerzahler gerade stehen soll. Es ist völlig selbstverständlich, dass die dort tätigen Polizeibeamten die räumlichen, sachlichen und technischen Voraussetzungen haben müssen, die sie für eine qualitative Arbeit benötigen. Aber was Luxuswünsche dort betrifft, so sollten die, die sich das gewünscht haben und vor allem die, die das im Rathaus (und zwar vor den Stadtverordneten) abgesegnet haben, uns Bürgern und Steuerzahlern die unbedingte Notwendigkeit dafür erklären. Und nicht noch die Presse (und damit die Bevölkerung) ausschließen. Und: Es kann doch etwas gar nicht so dringend sein, dass Stadtverordnete so unter Zeitdruck gebracht werden, dass „notgedrungen“ jedem Quatsch und einem zusätzlichen Betrag von 400 000 Euro zugestimmt werden muss.

Wie beziehungsweise warum kam es überhaupt zu diesem ungeheuren Zeitdruck? Wurde hier zuvor etwas verbummelt? Denn letztlich werden, wie jeder weiß, zusätzliche Ausgaben bei anderen wichtigen Maßnahmen fehlen.

Zum Beispiel bei der Installierung von gefahrenreduzierenden Verkehrskreiseln, der Erneuerung von Straßen und vielem mehr. Gebetsmühlenhaft hören wir dann immer wieder von der Stadt, dass dafür kein Geld da wäre. Und wie wird das dann beim viel größeren Projekt des Rathausumbaus laufen?

Es ist leider keine Ausnahme, sondern leider die Regel, dass es deftige und „überraschende“ Kostensteigerungen bei öffentlichen Aufträgen gibt. Nur die Gründe dafür wechseln.

Ich selbst war in der freien Wirtschaft auch als Projektleiter (im Nebenjob) für größere Projekte verantwortlich. Aber Kostenüberschreitungen waren tabu. Deshalb gab es auch immer eine sehr engmaschige Kostenkontrolle. Der Stadtverordnete Jörg Scheidel hat nun zu Recht von der Stadtverwaltung unter anderem gefordert, dass eine stärkere Kontrolle von Planungen und Einzelposten erfolgen müsse und eventuell eine Modifizierung bei Ausschreibungen. Aber dafür wird im Rathaus eine effiziente Ablaufplanung benötigt.

Und in dieser Beziehung musste ich persönlich im Kontakt mit dem Rathaus gerade in den letzten Wochen erleben, dass hier schon die einfachsten Kommunikations- und Arbeitsabläufe über einen längeren Zeitraum nicht funktioniert haben. Und das in einem Amt, in dem es auch um viel Geld der Steuerzahler geht.

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