Audioabo

Wer schlecht sieht, kann Zeitung hören

Von 
Corinna Schmitt
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"Jetzt frage ich nicht mehr, was in der Stadt los ist, sondern kann gleich mitreden." Elke Paul ist blind - und seit kurzem Leserin unserer Zeitung. Das Audio-Abo macht es möglich und bietet die Printausgabe zum Hören an.

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Mehr Infos gibt's unter der kostenlosen Service-Nummer 0800/7 27 36 63.

Wer einen Internetzugang hat, kann sich den "Mannheimer Morgen", "Südhessen Morgen", "Bergsträßer Anzeiger" und die "Schwetzinger Zeitung" künftig bequem ins Haus holen. Der Kooperationspartner Papenmeier, der als Hersteller von Spezialhilfsmitteln schon lange bekannt ist, stellt die entsprechende technische Ausstattung bereit, um die Ausgaben mit Hilfe des eigenen Computers oder eines Lesegeräts zu hören. "Das ist eine tolle Sache - und ein Schritt zu mehr Information und Barrierefreiheit", so Karlheinz Schneider, der Vorsitzende des Badischen Blinden- und Sehbehindertenvereins (BBSV), der das Angebot nun mehrere Monate testet.

"Gerade für ältere Menschen, die es gewohnt sind, jeden Morgen ihre Zeitung zu lesen, ist es schlimm, wenn das wegen einer späten Erblindung wegfällt", weiß BBSV-Geschäftsführer Dr. Klaus G. Wolff. Zwar seien überregionale Zeitungen schon lange auszugsweise in Blindenschrift oder als Hörkassette erhältlich, "aber eben nicht die Ausgaben von hier", so Wolff. Außerdem könnten etwa 70 Prozent der Mitglieder keine Punktschrift lesen.

"Vor einigen Jahren wäre das gar nicht denkbar gewesen: Ich halte es für eine ganz tolle Sache", freut sich die neue Abonnentin Elke Paul. Ein kurzer Klick, und ihr Computer mit Sprachausgabe wählt sich ins Internet ein, um die Zeitung zu holen. "Als ob ich ans Kiosk gehen würde", sagt sie lächelnd. Eine männliche Stimme stellt ihr die Ressorts vor, wählt sie eines aus, werden die Überschriften nacheinander vorgelesen sowie der ganze Artikel, den sie lesen beziehungsweise hören möchte. Etwas holprig klingt das zwar, Bindestriche werden etwa mit angesagt, aber Elke Paul stört das nicht. "Man gewöhnt sich daran", erklärt sie schlicht, ihr fällt schon eher auf, dass sich unter manchen Titeln etwas ganz anderes verbirgt, als sie erwartet hat. Dann lacht sie kurz auf, wählt die Stopp-Taste und blättert weiter. "Das System ist einfach zu bedienen, das ist sehr gut", lobt die Sozialpädagogin.

Was in der Region so vor sich geht, besonders auch Umleitungen oder Fahrplanänderungen interessieren sie besonders, schließlich benutzt sie täglich öffentliche Verkehrsmittel. "Auch für meinen Beruf muss ich auf dem Laufenden sein", so Elke Paul, die bei der Psychosozialen Beratungsstelle des Diakonischen Werks für Suchtkranke und deren Angehörige zuständig ist.

Zwar kann sie ihre Ausgabe nicht in der Straßenbahn oder morgens am Frühstückstisch lesen wie andere, dafür geht sie mit einer Tasse Tee ins Arbeitszimmer an den Schreibtisch, wo der Computer steht. Die gemütliche Lektüre erlaubt sie sich meist nur am Samstag. Unter der Woche fehlt ihr die Zeit. "Ich halte mich zu sehr auf, weil ich mich vertiefe - und dann muss ich aufpassen, nicht die Straßenbahn zu verpassen."

Wenn Elke Paul nachlesen möchte, wie sich etwas schreibt, was gerade für Namen interessant ist, bewegt sie ihre Finger flink über die Braille-Zeile unter der Tastatur, die ihr den Text in Blindenschrift anzeigt. Ansonsten geht es ihr wie den meisten Lesern auch: Ihr bleibt die Qual der Wahl - "um alles zu lesen, fehlt mir leider die Zeit."

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