Wandel in der Bestattungskultur

Beisetzung: Der Trend geht hin zu invidiuellen Gestaltungsformen

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Parkgrabfelder wie hier in Mannheim liegen voll im Trend.

© Mannheimer Friedhöfe

Aus Sicht von Matthäus Vogel sind Friedhöfe keine tristen Orte. "Der Friedhof kann Lebenden viel geben", sagt der Leiter des Friedhofamts in Karlsruhe. Der dortige Hauptfriedhof gilt als Vorreiter in Sachen Bestattungskultur.

Harmonisch eingefügt

In ansprechende Landschaften fügen sich Gräber harmonisch ein, Hochbeete und Trockenmauern erleichtern die Gartenarbeit, ein Grabfeld ist den vier Jahreszeiten gewidmet. Sogar einen Spielplatz für Kinder gibt es - einen der ersten auf Friedhöfen in Deutschland, wie Vogel sagt. "So kann es später vielleicht die Erinnerung geben: Der Friedhof ist ein schöner Ort."

Die Einsicht greife um sich, dass die Menschen mehr wollten als einen Ort der Ordnung und der Verbote, sagt Vogel. Nach Beobachtung von Experten wandelt sich die Bestattungskultur in Deutschland: Sie wird individueller und persönlicher - doch die Regeln bleiben meist streng.

Auch was die Bestattung selbst angeht, wandelt sich die Kultur: weg von der "Einheitsbestattung", hin zu individuelleren Formen. Noch vor etwa 20 Jahren war die Erdbestattung in einem Wahlgrab die dominante Bestattungsform. Im Jahr 2016 wird unter anderem auch im Internet getrauert. QR-Codes auf Grabsteinen können auf die Lebensgeschichte des Verstorbenen im virtuellen Raum verweisen und erhalten zugleich einen konkreten Ort der Trauer an einem Grab. "Hier gehen neue Trends und gewachsene Formen der Trauer am Grab eine gute Verbindung ein", sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur.

Deutlich ist eine Sinnentleerung von Riten und Bräuchen im Umfeld von Bestattung und Trauer festzustellen. Diese Entwicklung stellt auch die Kirchen vor neue Herausforderungen, wenn beispielsweise Gebete und Riten nur noch von einer kleinen Zahl von Trauergästen verstanden werden. Die schnellere Lebenspraxis ist es, die sich auf die Bestattungskultur auswirkt. Eine größere Mobilität der Familienangehörigen, die oft weit verstreut leben, verändert weiterhin die Präferenzen und Wünsche. So suchen Menschen auch nach Grabformen, die ihnen entsprechen.

Das erklärt unter anderem auch den Trend zur Feuerbestattung, die inzwischen 60 Prozent der jährlichen Bestattungen in Deutschland ausmacht. Die Urne bietet verschiedene Beisetzungsformen, die das Erdgrab nicht ermöglicht. Dabei soll die Mobilität laut Wirthmann nicht auf den Verstorbenen selbst übertragen werden. Einen festen Ort zum Trauern hält er für unerlässlich. tmn/BDB

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