Für Thomas Maul ist der Odenwälder Dialekt „Ostpfälzisch“. Er gab nun einen Einblick in die Sprache und ihre Ausdrucksformen. Wer kennt noch das beliebte Kinderspiel „Weljekees“ (mit dem Körper liegend die Wiese runterrollen) oder „illrische“ (das Wiederkäuen der Kuh) oder eine Maulaffe (kleine Schüssel).
In den Odenwälder Dialekt haben sich auch viele französische Worte gemischt, die dann aber doch etwas Eigen geworden sind, wie das Trottoir, die Chaussee, das Portemonnaie oder die Fisimatenten. Sehr beliebt im Odenwald ist das Wort „alla“. Es wird für vieles genutzt, etwa zum Verabschieden anstatt des Wortes „Tschüss“. Das Problem, so Thomas Maul: „Der Odenwälder geht dem ,Ü’ aus dem Weg“. Damit begann er seinen Ausflug in die Möglichkeiten ohne „Ü“. Aus der Mücke wird dabei eine „Micke“, aus müde mied und aus der Kuh die „Kieh“. Manchmal werde auch ein neues Wort kreiert, sagte Maul. Beispielsweise die „Pietsch“ anstelle der Pfütze, das Hinkel ersetzt das Hühnchen oder eben „Alla“ für „Tschüss“.
Nach dieser Einführung gab es eine Darstellung der Straßennamen in Gadernheim, darüber, wo das Innendorf anfängt und welche Geschäfte es alle gab. Einheimische kennen den „Elle-Schorsch“ oder den „Gemies-Gienther“. „Mitten im Dorf stand die Schule und war der Dalles.“
An dieser Stelle gab es auch ein Straßenschild mit dem Hinweis, dass es bis Würzburg 122 Kilometer entfernt ist. „Als wenn die Leute damals einen Sinn dafür hatten, nach Würzburg zu fahren“, überlegte Maul.
Jeder Gadernheimer Bewohner hatte damals seinen Namen und den Namen, mit dem er gerufen wurde. Etwa „Huhl-Hannes“ oder „Huhl-Hannes-Schorsch“ (das war dann der Sohn vom Huhl-Hannes). Und dann gab es den „Seltzerwasser-Hannes“.
Der höchste Feiertag bei einer Familie war das Schlachtfest, da konnten die Nachbarn auch Wurstebrühe bekommen. Beim Schlachten erlebte der junge Thomas Maul eine ältere Frau, die breitbeinig auf einer Treppe saß und zwischen den Beinen einen großen Topf hatte, in dem sie rührte. Schon allein das Bild verwirrte ihn damals und die Verwirrung wurde noch größer, als ihn die Erwachsenen darüber aufgeklärten, dass sie Blut rührte. Nun fiel der Groschen: „In Blutwurst ist Blut drin“.
Mit „dumme Jungenstreichen“ wurde Thomas Maul älter. Er berichtete von „Äpfelschnicken“ und von Ausflügen auf den Fliederbaum an der Friedhofsmauer. „Ein ganz wichtiger Mann war der „Käichemille“, sollte er lernen. Der Küster des Dorfes hatte immer allerlei zu tun. Er kümmerte sich um die Kirche und war auch Beerdigungen ein wichtiger Ansprechpartner. „In seinem grünen Buch stand alles drin“, wusste Thomas Maul. Und wer noch alles wusste, war der Benznickel. Der Nikolaus war dem Bub aus Garen so gar nicht geheuer.
Gerne verbrachte er seine Ferien auf der Glashütt „bei der anderen Oma“. Nach den Berichten, wie gut sich ein sauberes Puhlfass zum U-Boot spielen eignet wurde noch von Spielen auf der Mondrakete, einem Kran berichtet. Thomas Maul verstand es zwei Stunden lang, die Zuhörer in seinen Bann zu ziehen und ihnen so manche Lachträne abzutrotzen.
© Bergsträßer Anzeiger, Montag, 09.04.2018