Holocaust Das Denkmal ist dem Thema angemessen

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„In prominenter Gesellschaft“, Leserforum vom Montag, 28. Januar

Zu dem Leserbrief möchte ich einige Anmerkungen machen:

1. Martin Walser hat 2017 seine Paulskirchen-Aussage vom Schand-Monument revidiert. (siehe: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-02/martin-walser-michel-friedman-debatte-auschwitz-christ-und-welt#comments )

2. Rudolf Augstein spricht ganz deutlich vom Unfassbaren und unsagbar Schändlichen des Holocaustes, aber er fand andere Denkmalentwürfe besser (Vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7085973.html). Abwegig ist aber seine Vermutung, das Denkmal sei gegen das Selbstbewusstsein des neuen Deutschlands gerichtet. Aber Recht hat er: Über das Wie in der Kunst lässt sich streiten. Ich finde, das Denkmal ist dem Thema angemessen sehr gut. [siehe 3.c)].

3. Denkmal der Schande: Denkmal des moralisch und politisch größten Versagens in der Geschichte der Deutschen. Was ohne Wenn und Aber denn sonst?

3a) Natürlich gibt es Deutsche, die nur relativierend, beschönigend und kleinredend [„ist doch nur ein Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ (AfD-Gauland)] zu dem Versagen unserer Groß-Väter und Väter stehen können. Wollen sie kein Denkmal für die größte geschichtliche Schuld des deutschen Volkes, sondern nur Ruhmes-Denkmäler?

3b) Wer als Person selbstbewusst ist, kann zum Holocaust-Denkmal in Berlin selbstbewusst stehen.

3c) Und was empfinde ich, wenn ich das Denkmal in Berlin sehe?

Schandgefühle? Nein.

Gefühle der Leichtigkeit schon, als ich die darauf kletternden Jugendliche sah: Wissen, mit Schuld und Versagen kann man dennoch relativ gut leben.

Gefühle der Furcht-Angst schon: Die AfD-Höckes sind unter uns. Die ultra-konservativen wie AfD-Gauland auch.

Mut-Gefühle, dass so etwas nicht wieder kommt: Was wird meinen Kindern und Enkelkindern drohen, wenn solche Gestalten wie damals wieder an die Macht kommen? Rechtlich abgesichert jedenfalls ist Widerstand gegen solche Verfassungsfeinde im GG in Artikel 20, Abs. 4. Denn Hitler und Konsorten haben keine politische Lebensberechtigung, weil sie die Gesellschaft zerstören. Und der Holocaust ist ein Mega-Versagen, zu der nur zutiefst Selbstbewusste stehen können, die auch zu ihrer Schuld und ihrem Versagen zu stehen breit sind. Vorwärts mit der Erinnerungs-Kultur, denn sie macht uns freier, selbstbewusster und sicherer unserer selbst. Und wer ausdrücken kann und miterleben, an was erinnert wird, wird dabei nicht rituell oder floskelhaft. Liegt doch am Einzelnen!

Stefan Link

Lorsch

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