Nachdem die AKW-Betreiber sich mit rund 24 Milliarden Euro aus der Verantwortung für die Atommülllagerung zulasten des Steuerzahlers freikaufen konnten, steht den Atomkonzernen das nächste Steuergeschenk ins Haus. Nachdem das Bundesverfassungsgericht jetzt die seit Anfang 2011 und bis Ende 2016 befristete Kernbrennstoffsteuer ("Brennelementesteuer") für rechtswidrig erklärt hat, muss "der Staat" - also die Gesamtheit der Steuerzahler - den Konzernen RWE, Eon und EnBW mehr als sechs Milliarden Euro zurückzahlen.
Die Steuer sei rechtlich keine Verbrauchssteuer, weil sie nicht direkt beim Endverbraucher/Stromkunden erhoben wurde, so unter anderem die Urteilsbegründung. Interessant ist das Minderheitenvotum zweier Richter, die die Steuer dann für rechtmäßig gehalten hätten, wenn der Bundesrat über das Gesetz diskutiert und abgestimmt hätte. Dies ist aber nicht erfolgt.
Aus meiner Sicht war die Brennelementesteuer der damaligen schwarz-gelben Koalition Ende 2010 der halbherzige Versuch, die gleichzeitig beschlossene Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke bei der Bevölkerung akzeptabler zu machen. Halbherzig deshalb, weil die Steuer befristet war und eine Verlängerung Ende 2016 von der CDU-SPD-Koalition verweigert wurde.
Zudem macht die Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichtes deutlich, dass die Bundesregierung durch eine entsprechende Gesetzeskonstruktion die Brennelementesteuer hätte verfassungskonform gestalten können - mit der Folge einer Verteuerung des angeblich so "billigen" Atomstroms. Ein Effekt, der natürlich politisch nicht gewollt war. Ich bin schon lange der Auffassung, dass die vermeintliche Gegnerschaft von Atomwirtschaft und einer Mehrheit der Politik hierzulande nur vorgetäuscht ist, wir es stattdessen mit "nuklearen Zwillingen" zu tun haben, die etwa dafür sorgten, dass das Atommüll-Gesetz ("Atomdeal") zur Finanzierung der Atommülllagerung nicht zwingend mit den Klagerücknahmen der Atomkonzerne verknüpft wurde.
Die letzten Atomkraftwerke sollen 2022 in Deutschland vom Netz gehen. Die Politik hätte jetzt die Möglichkeit, für die Restlaufzeit eine rechtssichere Brennelementesteuer zu beschließen. Ich bin sicher, sie wird darauf verzichten.
Rainer Scheffler
Bensheim