Atomkraft Grüne „Sachzwänge“

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„Klage gegen Castor-Lagerung in Biblis“, BA vom 8. Oktober

Wie der Bergsträßer Anzeiger in seiner Ausgabe vom Donnerstag, 8. Oktober, berichtete, klagt der Landesverband Hessen des BUND gegen den Sofortvollzug des Transports von sechs Castor-Behältern aus der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield ins Standort-Zwischenlager Biblis und die dortige Einlagerung.

Kern der BUND-Klage ist das mangelnde Reparaturkonzept für die Castoren vom Typ HAW28M beim Verlust der Dichtheit des Doppeldeckelsystems, besonders beim Defekt des Primärdeckels. Zur Reparatur wäre hier eine sogenannte heiße Zelle erforderlich – ein strahlensicherer abgeschirmter Raum, der allerdings an keinem der Standort-Zwischenlager vorhanden ist.

Ein intaktes Doppeldeckelsystem ist Voraussetzung für den Transport der Behälter, die für den Transport und die Zwischenlagerung des in Glaskokillen eingeschmolzenen Atommülls aus Sellafield verwendet werden.

„Verlängerte Zwischenlagerung“ muß allerdings betont werden, denn der Zeitraum bis zur Endlagerung wird nach Expertenmeinung Jahrzehnte dauern. Umso fataler sind aus meiner Sicht deshalb Transport und Lagerung ohne ein schlüssiges Reparaturkonzept am Standort, das dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspricht.

Wenig hilfreich erscheint mir dabei die Haltung der „grünen“ hessischen Umweltministerin, die laut BA vom Freitag, 2. Oktober, unter der Überschrift „Hinz steht zu Castoren“ verkündet: „Ich warne davor, jetzt zu kneifen und zu sagen, wir finden noch ganz viele Argumente, warum die nicht zurückkommen können.“

Die Probleme um die Reparaturfähigkeit beim HAW28M sind spätestens seit 2014 durch ein Gutachten der intac Hannover für Greenpeace bekannt, wurden aber vom Hersteller und den Genehmigungsbehörden bis heute ignoriert beziehungsweise mit Verweis auf die „geringe Wahrscheinlichkeit“ eines Versagens der Primärdeckeldichtheit verharmlost.

Offenbar führen bestimmte „Sachzwänge“ bei Grünen qua Amt zu selektiver Wahrnehmung und zu erheblichem Realitätsverlust, wie auch das Beispiel des „grünen“ hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministers zeigt, der ein von den Bundesgrünen vorgeschlagenes Moratorium nicht einmal in Erwägung zieht, um darüber nachzudenken, ob der Bau von gut 40 Kilometern Asphalt auf Grundlage von Planungen aus den 1960er Jahren durch einen Vorzeigewald für nachhaltige Forstwirtschaft und durch ein nach EU-Recht geschütztes FFH-Gebiet im Jahr 2020 noch zeitgemäß ist.

Rainer Scheffler

Lautertal