Corona-Pandemie Hausgemachte Katastrophen in der Logistik

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Wir leben momentan in einer Katastrophensituation. 162 321 infizierte und 4257 Tote (Stand: 21. Januar) gibt es durch die Corona-Pandemie dabei allein in Hessen. Besonders ältere Menschen sind davon betroffen. Es ist hier dringend notwendig, etwas dagegen zu tun. Doch Lockdown mit Geschäfts- und Schulschließungen, Kontaktsperre, Homeoffice und Maskenpflicht reichen dabei nicht aus, um das Virus dauerhaft zu bekämpfen.

Dringend notwendig ist hier eine flächendeckende Schutzimpfung bei allen Bevölkerungsgruppen. Eine Impfquote von weit über 60 Prozent ist dabei nötig, um mit einer sogenannten „Herdenimunität“ zumindest einen gewissen Schutz vor einer Corona-Infektion zu erlangen.

Es zeigt sich derzeit hier aber, dass die Katastrophe nicht nur bei dem Corona-Virus und seinen Mutationen zu suchen ist, der Umgang damit ist selbst eine Katastrophe. Nichts in der Logistik stimmt. Ich bin entsetzt, wie die politisch Verantwortlichen hier handeln. Einmal hieß es, am 27. Dezember 2020 können wir anfangen zu impfen, doch es war kein Impfstoff da. Auch heute noch ist er nicht ausreichend vorhanden. Dafür kann man den Bund oder die Hersteller verantwortlich machen, aber Anderes zu der mangelhaften Logistik haben wir hier vor Ort selbst zu verantworten.

Wenn es dann endlich mit den Impfungen für die Allgemeinheit losgeht, soll die Kreisbevölkerung ausschließlich nach Bensheim zum Berliner Ring fahren, um sich dort impfen zu lassen. Ich weiß nicht, wie gerade in dieser Jahreszeit die ältere Bevölkerung aus Lindenfels oder dem Überwald eventuell ohne ein Auto und gegebenenfalls auch ohne Begleitung gefahrlos zu diesem Impfzentrum kommen sollen.

Wäre man hier nicht stur den Vorgaben des Landes Hessen gefolgt, sondern hätte man sich im Kreis eigene Überlegungen gemacht, könnte man hierzu bessere Lösungen finden. Man sollte vielleicht dazu auch mal die Betroffenen selbst fragen. So wurde von dort zum Beispiel schon vorgeschlagen, wie beim Blutspenden Impftage durchzuführen und dafür in den Städten und Gemeinden die Bürgerhäuser zu nutzen.

Genauso wie jetzt der Ablauf in dem weit entfernten Impfzentrum in Bensheim geplant ist, könnte dann die Impfung an einem oder mehreren Tagen vor Ort stattfinden und es wäre auch für ältere und behinderte Menschen leichter möglich, daran teilzunehmen.

Noch weiter geht der Vorschlag des Arztes Ernst Neuschild aus Gadernheim (BA vom Donnerstag, 21. Januar), dass Hausärzte die Impfung gegen Corona übernehmen. Dass sie dafür gerüstet sind, haben sie bei Grippeschutz-Impfungen schon hinreichend bewiesen. Sein Vorschlag, wie damals in den Praxen ganze Impftage anzubieten, ist eine gute Idee, den Menschen direkt an ihrem Wohnort zu helfen und so die Gefahr durch das Coronavirus schnell zu mindern. Wie bei den schon durchgeführten ambulanten Impfungen in den Altenheimen dürfte dabei die Kühlung des Impfstoffes nur ein geringes Problem sein.

So könnte auch der Bevölkerung in den von Bensheim weit entfernten Gemeinden umfassend und wirksam geholfen werden. Der Kreis sollte sich hier dringend überlegen, ob er solche Ideen und Anregungen nicht aufgreifen und umsetzen kann.

Ein unkonventionelles Vorgehen der politisch Verantwortlichen im Kreis ist hier dringend gefragt, um bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie wirksame Fortschritte zu erreichen. Wenn das mit der derzeitigen Logistik-Katastrophe jedoch noch so weiter läuft wie bisher, werden die Fallzahlen bei den Erkrankten und Toten auch im Kreis weiter steigen und wir auch bis nächstes Jahr noch nicht überm Berg sein.

Siegfried Schwarzmüller

Lindenfels

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