Architekten-Prozess Klarheit muss man fordern und auch wollen

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Unter der Überschrift "Direkte Fragen sind erforderlich und wünschenswert" (BA vom 11. Mai) wird darauf hingewiesen, dass der Bürgermeister von Bensheimer Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt wurde. Daraus folgert Herr Metz, dass auch den Wählern Fragen gestattet werden sollten.

Aber nicht nur der Bürgermeister, auch die von den Wählern Beauftragten - das sind die Stadtverordneten und ehrenamtlichen Magistratsmitglieder - wurden direkt gewählt. Auch diese müssen nach meinem Demokratieverständnis zu dem Fall Rohde/Herrmann von den Wählern befragt werden. Die bereits bekannten Antworten - wie z. B.: "Ich habe keinen Plan gesehen", oder: "Wir wurden im Unklaren gelassen" - verschleiern. Man wollte wahrscheinlich keine genauen Informationen, keine Klarheit.

Überwachungsfunktion

Zur Klarheit fordert Paragraf 50/ HGO auf, man muss aber Klarheit wollen. Darin heißt es unter Absatz 50 (2): "Die Gemeindevertretung überwacht die gesamte Verwaltung der Gemeinde und die Geschäftsführung des Gemeindevorstands, insbesondere die Verwendung der Gemeindeeinnahmen." Und unter 50 (3): "Der Gemeindevorstand hat die Gemeindevertretung über die wichtigen Verwaltungsangelegenheiten laufend zu unterrichten."

Paragraf 50 kann aber nur umgesetzt werden, wenn der Informationsfluss zwischen den Partnern - das sind der Bürgermeister, der Magistrat und die Stadtverordneten - gut funktioniert. Die Bewertung des Informationsflusses wird dadurch in den Vordergrund gerückt. Werden gravierende Mängel erkannt, müssen mit Hilfe der Begriffe Bringpflicht/Bringschuld und Holpflicht/Holschuld die Ursachen und Konsequenzen diskutiert, bewertet und realisiert werden.

Bring- und Holpflicht

Es bleibt also zu prüfen, inwieweit Bürgermeister und Magistrat gegen ihre Bringpflicht und die Stadtverordneten gegen ihre Holpflicht verstoßen haben.

Diese beiden Begriffspaare habe ich im Zusammenhang mit dem "Architektenprozess" auf den für die Bensheimer Kommunalpolitik wichtigen Koalitionsvertrag zwischen CDU und GLB (2011 bis 2016) angewandt und komme zu einem niederschmetternden Ergebnis:

Auszug aus Koalitionsvertrag

Der im Internet vorgestellte Koalitionsvertrag endet auf Seite 10 mit Absatz d: "Faire Beteiligung der Partner." Darin wird zwar vereinbart: "Die GLB verzichtet bei der Bürgermeisterwahl auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten und unterstützt den CDU-Kandidaten.". Es wird aber nicht vereinbart, wie der amtierende CDU-Bürgermeister in der Auseinandersetzung mit dem auf Schadenersatz klagenden Architekten von der GLB unterstützt werden soll; selbst die CDU sagt dazu nichts. Auf die Absätze e: "Fairer Umgang mit der Opposition" und f: "Faire Information der Wähler" wird ganz verzichtet.

Zum Wohle Bensheims

Nach diesen Ausführungen erlaube ich mir, einen Satz im BA-Kommentar "Buch zu!" (BA, 12. Mai, S. 11) zu modifizieren:

Wenn der Bürgermeister und die Stadtverordneten jetzt reinen Tisch machen, wenn das Fehlverhalten auf beiden Seiten korrigiert wird, wenn Bürgermeister Thorsten Herrmann sowie die Stadtverordneten ihre Lehren daraus ziehen und zukünftig konsequent nach Paragraf 50/HGO handeln, können beide Seiten gestärkt daraus hervorgehen.

Sowohl Bürgermeister und Magistrat als auch die Stadtverordneten können sich dann wieder voll und ganz ihren kommunalen Aufgaben zum Wohle Bensheims widmen.

Dr. Dieter Markowetz,

Wilmshausen

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