Bürgerhaus Kosten und Kunst am und um den Bau herum

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Nun ist es also raus: Der Umbau des Bürgerhauses wird deutlich teurer – weil so vieles „unvorhersehbar“ war. „Unvorhersehbar“ steht bekanntlich in Haushaltsbüchern für „Verschiedenes“, wo versteckt wird, was man ausgeben will, es aber nicht offen ausweisen darf.

Dabei war durchaus vorhersehbar, dass angesichts des seit Jahren galoppierenden Baubooms die Preise kräftig anziehen würden. Wenn man sich dann noch die Substanz dieser Bauten anschaut, die alle mit der „heißen Kelle“ gemauert wurden, und die Vergabe der Aufträge durch die Architekten „nach Baufortschritt“ kennt, konnte es gar nicht anders kommen. Die 4223 sentimentalen Fachleute, die für einen Bürgerentscheid und die Sanierung unterschrieben haben, haben natürlich andere Erfahrungen gemacht.

Warum sollte sich das aufstrebende Städtchen an der Bergstraße nicht auch sein BER, Stuttgart 21, Elbphilharmonie leisten. Der Umbau wird noch teurer und noch später fertig, und die wahren Fachleute werden weiterhin bedauern, dass sie sich nicht mit Neubau samt Festpreis und fixem Termin durchsetzen konnten: Da ist nämlich kaum Platz für vorhersehbares „Unvorhergesehenes“.

Nun muss ich noch einige Worte zur geplanten Gestaltung (Verschönerung?) des Beauner Platzes anfügen. Ein Großteil der Verteuerung ist dem Kompromiss geschuldet, der mit der Denkmalbehörde abgestimmt wurde: Da ist man sich wohl einig, dass die alte Gebäudeform zwar erhalten bleiben muss (solche Forderungen durchzusetzen ist bekanntlich Aufgabe dieser Behörde); da sie aber so unansehnlich ist, muss sie nun für viel Geld „durch ein Vordach kaschiert werden“. Kann jemand darüber lachen? So einen Käfig kann einem doch nur einfallen, wenn man bei der Planung die Fallrohre für die Dachentwässerung vergessen hat.

Da ich gerade beim Ästhetischen gelandet bin: An der Nordseite des Beauner Platzes befindet sich ein bewässertes Etwas. Ich bin noch nicht lange genug Bürger dieser Stadt, dass ich sagen könnte: „So sah das immer schon aus“. Aus meiner Sicht ist dieses schrottreife Gebilde von der Atmosphäre und dem Zahn der Zeit arg angefressen worden und sollte entsorgt werden: Es lädt nicht zum Verweilen ein – und das an einer Stelle, die sich Besuchern als erste darbietet, wenn sie aus dem Drecksloch Tiefgarage durch den Mief an die frische Luft gestiegen sind.

Früher galt einmal bei öffentlichen Bauten, dass fünf Prozent der Kosten für Kunst am Bau auszugeben sind. Da an dem sanierten Bau nichts mehr durch Kunst zu retten ist, sollte wenigstens das Umfeld mit entsprechender Gestaltung aufgewertet werden. Bensheim hat zwar schöne Brunnen; aber ein weiterer an dieser Stelle täte auch seinen Bürgern gut.

Jochen Henke

Bensheim

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