Erneuerung der SPD Nur mit neuem Stil und digitalen Themenforen

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Wie soll die SPD wieder mehr Stimmen bekommen? Erneuern“ ist hierfür das Schlagwort. Aber wie erneuern?

Erneuerung fängt bei der Verpackung an, zum Beispiel am Sprachstil. So darf keiner mehr die Kanzlerin herablassend oder sarkastisch „Mutti“ nennen, oder über die Anträge aus anderen Parteien süffisant lästern, indem man sagt: „Die wollen doch damit nur den Bürgermeister ärgern, mehr wollen die doch nicht.“ Man muss es unterlassen, sich groß zu machen, indem man andere klein oder lächerlich macht. Weg also mit der eiskalten oder belächelnden Ironie. Denn auch intern geht es darum zu zeigen, dass man Meinungsgegner achtet. Nur dann kann man Wechselwähler wieder anziehen.

Der richtige Redestil wäre, Wortmeldungen aus anderen Parteien nur nach richtig oder falsch zu bewerten, diese Werturteile dann mit klarer Kante zu begründen und es tunlichst zu unterlassen, die Motivfrage zu stellen. Egal ist doch, ob ein Politiker aus Geltungssucht, aus Wahrheitsliebe oder aus Gerechtigkeitssinn sagt, dass eins und eins zwei ergibt. Die Motivfrage gehört nur ins kritische Gespräch unter Freunden. In politischen Debatten geht es nur darum, dass etwas gut begründet und rhetorisch ansprechend vorgetragen wird: Erklärungsbegriffe müssen definiert, eine These prägnant begründet und dann stichhaltig verteidigt werden.

Was bedeutet Gerechtigkeit?

Ich mache ein Beispiel hierfür: Modern ist es geworden, zu sagen, dass man Gerechtigkeit nicht objektiv definieren könne, weil das, was Gerechtigkeit ist, nur im Auge des Betrachters läge. Der eine sähe es so, ein anderer so. Jedoch: Ist solches Reden nicht dennoch Nonsens? Denn Gerechtigkeit bedeutet laut Rupert Lay (Ethik für Wirtschaft und Politik), dass möglichst viele durch politische Entscheidungen ihr Leben besser entfalten können, und nach John Rawls (Eine Theorie der Gerechtigkeit), dass jene, die dabei Nachteile erleiden, besser ihr Leben und das ihrer Angehörigen entfalten können, als würden solche Entscheidungen unterbleiben. Und so schreibt es ja auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im neuen Vorwärts: „Der Koalitionsvertrag ist eine gute Grundlage, um das Leben vieler Menschen in Deutschland ganz konkret zu verbessern.“

Oder sollten wir, wie Guido Westerwelle von der FDP es einmal forderte, auf das Wort Gerechtigkeit verzichten und nur noch von „Fairness“ reden – also alle gleich schlecht behandeln, was dann durchaus eine faire Regel wäre? Wie auch immer. Wir von der SPD machen uns anheischig zu behaupten, Gerechtigkeit ist sogar messbar am Ausbleiben oder Mindern destruktiver Sozialkonflikte.

Um die SPD zu erneuern, muss man aber außerdem das machen, was der Generalsekretär übermorgen einrichten will: digitale Themenforen. Denn genau das wird doch in Talkrunden zurecht gefordert, dass die Parteimitglieder zum Beispiel über die digitale Revolution debattieren können, weil dadurch viele Arbeitsplätze wegfallen dürften und es nötig erscheint, ein allgemeines Grundeinkommen einzuführen.

Schaffen wir das? Zusammen können wir das schaffen. Nur zusammen. Denn wie heißt es auf dem Wimpel im SPD-Fraktionszimmer? „Einigkeit macht stark“. Das weiß nicht nur die CDU. Die SPD weiß es schon viel länger, sonst stünde es ja nicht auf dem Wimpel, der die SPD-Fahne von 1873 zeigt.

Stefan Link,

Schriftführer der Lorscher SPD

Lorsch

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